"Wo hast du meine Friedenstaube?"

Heinz Fischer erinnert sich an seinen Freund Shimon Peres – der israelische Staatsmann und Friedensnobelpreisträger starb in der Nacht auf Mittwoch im 94. Lebensjahr.

"Zutiefst betroffen und traurig", so lauteten weltweit die Reaktionen auf den Tod Shimon Peres’ – auch bei Alt-Bundespräsident Heinz Fischer. Er hatte ein besonders inniges Verhältnis zu dem früheren Außenminister, Premier und zuletzt Staatspräsidenten Israels. Noch im Juli erhielt Fischer nach seinem Abschied aus der Hofburg einen Brief Peres’: "Unsere Freundschaft ist von großer Wichtigkeit für mich."

Fischer, der in seiner Jugend mehrere Monate in einem Kibbuz in Israel arbeitete, erinnert sich im Gespräch mit dem KURIER an viele Begegnungen mit Peres und manche Schnurren. "Bei meinem letzten Staatsbesuch in Israel gab es ein nobles Abendessen, alle waren vornehm gekleidet, nur sechs oder sieben ältere Herren waren in Jeans und offenen Hemden. Peres fragte mich, ob ich die kenne, und sagte: ,Das sind deine Freunde, die mit dir im Kibbuz Sarid Äpfel gepflückt haben‘ – die hat er eingeladen zum Staatsbankett, das war ein sehr nostalgischer Abend. So war er."

Beim letzten Peres-Besuch in Wien 2014 fragte der israelische Präsident Fischer nach einem künstlerischen Geschenk von zehn Jahren davor: "Wo hast du meine Friedenstaube? Ich zeigte sie ihm in meinem Zimmer neben der Uhr. Das hat ihn sehr gefreut, dass ich sie als Bundespräsident im Arbeitszimmer sehr in Ehren gehalten habe."

Peres schätzte Kreisky

Fischer und Peres lernten einander in der ersten Hälfte der 70er-Jahre durch den damaligen Kanzler Bruno Kreisky kennen. "Bei meinem ersten Besuch hat er mich zum Fenster seines Büros geführt, auf eine Bergkette gezeigt und gesagt: ,Das ist die momentane Grenze Israels, du kannst dir nicht vorstellen, wie viel Unsicherheit das schafft und wie schwer das zu verteidigen wäre. Wir brauchen einen Frieden mit den Nachbarn, aber wir brauchen auch Sicherheit mit den Nachbarn.‘"

Peres habe nie auf die Sicherheitsinteressen Israels vergessen, so Fischer, aber auch gewusst, "dass die Sicherheit nur gewährleistet ist, wenn es Friedensregelungen gibt. Daran hat er ja in Bezug auf Ägypten gearbeitet, in Bezug auf Jordanien – mit den Palästinensern ist es halt nicht zu einem dauerhaften Ergebnis gekommen." Auch wenn das Abkommen 1993 mit den Palästinensern Jassir Arafats wichtig war und den Friedensnobelpreis verdient habe. ,"Peres hat mir damals einen Brief geschrieben: ,Schade, dass Bruno Kreisky nicht mit uns ist in diesen Tagen.‘"

Die Rolle Kreiskys – der Arafat in der westlichen Welt salonfähig machte und mit Israel und dessen Regierungschefin Golda Meir oft über Kreuz lag – habe Peres viel besser eingeschätzt als manche andere, sagt Fischer. Auch Peres und Kreisky (und Willy Brandt) seien nicht immer einer Meinung gewesen. "Aber es waren Meinungsverschiedenheiten zwischen Menschen, die sich im Grunde geschätzt haben." Gegenüber Österreich sei Peres immer positiv eingestellt gewesen, in der Causa Waldheim "war er für israelische Verhältnisse eher Taube als Falke".

Freitag Staatsbegräbnis

Peres sei ein guter Zuhörer gewesen und ein sehr guter Redner, "der seine Argumente klug und überzeugend dargebracht hat", sagt Fischer über den Staatsmann, der am Donnerstag in der Knesset aufgebahrt und am Freitag auf dem Jerusalemer Herzl-Berg beigesetzt wird.

Zu dem Staatsbegräbnis werden höchstrangige Gäste aus aller Welt erwartet, von US-Präsident Barack Obama über den deutschen Präsidenten Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel, den britischen Thronfolger Prinz Charles bis zu Bill und Hillary Clinton. Jordaniens König Abdullah II. ist angesagt, möglicherweise auch Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas.

Österreich wird mangels Präsidenten durch Nationalratspräsidentin Doris Bures vertreten sein. Und auch Heinz Fischer wird seinem Freund Shimon Peres die letzte Ehre erweisen.

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