Wladimir Putin setzt auf Viktor Orbán
Ein gewisser Orbán baute und bediente 1453, als die Osmanen Byzanz eroberten, die Kanone, die die Stadt sturmreif schoss. Seinem Namensvetter – Ungarns Präsidenten Viktor Orbán – hat Kremlchef Wladimir Putin offenbar ebenfalls die geschichtsträchtige Mission eines Rammbocks zugedacht. Beide trafen einander am Mittwoch in Moskau, keine 24 Stunden vor Beginn des EU-Gipfels, der über Sein oder Nichtsein der Europäischen Union entscheidet, wie russische Beobachter glauben.
Orbán gab schon vor der Flüchtlingskrise den Part von Moskaus Mann in Brüssel. Ungarn sollte willige Staaten für den Bau einer Erdgasleitung finden, mit der Russland Südosteuropa unter Umgehung der Ukraine stabil mit Gas versorgen wollte. Moskau hätte damit auch seine Rolle als regionale Großmacht auf dem Balkan restauriert. Das Projekt liegt zwar seit Putins Zerwürfnis mit der Türkei nach dem Abschuss einer russischen Militärmaschine an der Grenze zu Syrien auf Eis, gänzlich abgeschrieben hat es indes bisher keiner der Akteure.
Gegner der Sanktionen
Ungarn gehörte auch zu jenen EU-Staaten, die mit aller Kraft versuchten, die Sanktionen zu verhindern, die der Westen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise verhängte. Unter Moskaus Gegensanktionen leidet die ungarische Landwirtschaft.
Auch zeigte Orbán in der Krimkrise durchaus Verständnis für Moskaus Vorgehen und brachte damit nicht nur Altmitglieder wie Deutschland, sondern auch die Kollegen aus Osteuropa gegen sich auf. Dazu kommt, dass der Ungar einen ähnlich konservativen homophoben Wertekanon wie der Russe hat, Putins autoritären Führungsstil und dessen Sonderweg zu Demokratie und Rechtstaatlichkeit nicht nur bewundert, sondern in Teilen kopiert. Das ist eine solide Basis für eine Männerfreundschaft, die durch die Entwicklungen in Syrien weiter erstarkte.
Szenenapplaus
Orbán, der sich schon bei den Kämpfen in der Ostukraine offene Kritik an Russland verkniffen hatte, zeigte auch Verständnis für Putins Festhalten an Assad. Dafür bekam er Szenenapplaus aus Moskau für den Mauerbau an der Grenze zu Serbien. Europas Syrien-Politik, so belehrte Regierungschef Dmitri Medwedew erst am Wochenende in München die Teilnehmer der Sicherheitskonferenz, habe die Flüchtlingskrise erst heraufbeschworen. Moskaus Kalkül: Der Dissens zum Krisenmanagement werde die EU nachhaltig schwächen, ja sogar handlungsunfähig machen, etwaige Zerfallsprodukte könnten im Idealfall längerfristig den Schulterschluss mit Russland suchen.
Kurzfristig, das glauben zumindest Beobachter, werden Ungarn (und andere) sich Zugeständnisse in der Flüchtlingsfrage von den Befürwortern der sogenannten Willkommenskultur teuer bezahlen lassen.
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