Wirbel um illegal geöffnete Luxusrestaurants in Paris
Ein Bericht über geheime Restaurant-Besuche unter Missachtung der Corona-Restriktionen, an denen angeblich auch Minister teilnahmen, hat am Wochenende in Frankreich für Wirbel gesorgt. Nachdem die Behörden am Sonntag wegen des Berichts des privaten Fernsehsenders M6 Ermittlungen in Auftrag gaben, zog die bis dahin anonyme Quelle ihre Behauptung, bei den Abendessen seien auch Minister gewesen, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP zurück.
Als Quelle gab sich am Sonntagabend Pierre-Jean Chalençon zu erkennen, der über seinen Anwalt mitteilen ließ, es habe sich um einen Spaß gehandelt. Chalençon ist Napoleon-Experte und Besitzer des Palais Vivienne, einem Veranstaltungsort im Zentrum der französischen Hauptstadt Paris. In dem TV-Bericht hatte er als einer der Organisatoren anonym über die Abende berichtet.
"Untergrund-Restaurant"
Der Sender hatte am Freitagabend eine mit versteckter Kamera aufgenommene Reportage ausgestrahlt. Gefilmt wurde demnach in einem schicken Pariser Viertel in einem "Untergrund-Restaurant", in dem weder die Bedienungen noch die Gäste Masken trugen und die Abstandsregeln einhielten. Auch Bilder von einer Abendveranstaltung mit Eintritt mit Dutzenden Teilnehmern, von denen sich manche mit Küsschen begrüßten, wurden gezeigt.
Wegen der Coronakrise sind die Restaurants und Bars in Frankreich bereits seit Ende Oktober geschlossen. In dem Beitrag sagt Chalençon, der nicht gezeigt und nur als "Sammler" bezeichnet wird: "Ich habe diese Woche in zwei oder drei Restaurants, die als Untergrund-Restaurants bezeichnet werden, mit einer gewissen Anzahl an Ministern zu Abend gegessen." Darüber müsse er lachen. "Wir sind eine Demokratie. Man macht, was man will". Er habe "humorvoll" sein wollen, kommentiert er dies am Sonntagabend in der Erklärung seines Anwalts.
"Alle Minister, ohne Ausnahme, beachten die Regeln"
Staatsanwalt Rémy Heitz hatte am Sonntag erklärt, die Polizei solle prüfen, "ob Abende unter Missachtung der Gesundheitsregeln organisiert" worden seien. Auch die "eventuellen Organisatoren und Teilnehmer" sollten ermittelt werden. Außer um den Vorwurf der Gefährdung anderer gehe es in den Ermittlungen auch um mutmaßliche Schwarzarbeit.
Regierungssprecher Gabriel Attal hatte den Bericht direkt zurückgewiesen. "Ich glaube daran keine Sekunde", sagte er. Die Regierungsmitglieder hätten die Pflicht, "vollkommen untadelig und vorbildlich" zu sein. "Alle Minister, ohne Ausnahme, beachten die Regeln", versicherte auch Wirtschaftsminister Bruno Le Maire.
Innenminister Gerald Darmain betonte, die Regeln seien "für alle gleich". Menschen in reichen Wohngegenden dürften keine Vorzugsbehandlung bekommen. "Es gibt keine zwei Arten von Bürgern mit denen, die Party machen dürfen, und denen, die nicht das Recht haben."
#Onveutlesnoms (Wir wollen die Namen)
Die Innen-Staatssekretärin Marlène Schiappa hatte erklärt, wenn Minister oder Abgeordnete an solchen heimlichen Abendessen teilgenommen hätten, müssten sie "genauso bestraft werden wie jeder andere Bürger". Auf die Forderung einer Twitter-Nutzerin, Minister müssten bei solchen Regelverletzungen "ruckzuck" ihren Posten räumen, entgegnete Schiappa in dem Onlinedienst: "Das versteht sich von selbst. Mit einer Strafe."
Über den Enthüllungsbericht wurde am Sonntag ausgiebig auf Twitter diskutiert. Dabei wurde unter dem Schlagwort #Onveutlesnoms (Wir wollen die Namen) gefordert, die mutmaßlichen Beteiligten zur Verantwortung zu ziehen.
Frankreich ächzt derzeit unter der dritten Corona-Welle und den damit verbundenen Einschränkungen. Am Samstag trat bereits zum dritten Mal ein landesweiter Lockdown in Kraft.
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