"Wir können nur hoffen, dass es gut geht"

Uhuru Kenyatta – laut Umfragen kann er auf einen Sieg hoffen.
Wahl. Der Urnengang steht unter dem Eindruck ethnischer Konflikte – und damit der Angst vor Auseinandersetzungen.

Wenn die Kenianer am Dienstag zu den Urnen gehen, kommen schlimme Erinnerungen hoch: Zehn Jahre ist es her, dass Präsidentenwahlen wie die jetzige das Land in eine tiefe Krise stürzten. Bei ethnischen Unruhen starben 1200 Menschen, 600.000 wurden vertrieben. Amtsinhaber Mwai Kibaki – ein Angehöriger der Volksgruppe der Kikuyu – hatte sich knapp gegen seinen Rivalen Raila Odinga durchgesetzt. Odinga – ein Luo – ortete Wahlbetrug und rief zu Protesten.

Am Dienstag ist es neuerlich Odinga, der den Amtsinhaber herausfordert: Uhuru Kenyatta, ein Kikuyu, regiert Kenia seit 2013. Bereits da hatten sich der heute 55-Jährige Kenyatta und der 72-jährige Odinga ein hartes Match geliefert. Dass die Lage trotz Fälschungsvorwürfen seitens Odingas ruhig blieb, lag am Schock, den die Krawalle 2007 ausgelöst hatten.

Je knapper das Ergebnis jetzt sein werde, desto größer die Gefahr einer Eskalation, glauben Beobachter. "Die Nervosität ist spürbar", sagt Raphael Thurn-Valsassina. "Viele Menschen, die es können, verlassen die Städte und ziehen zu Verwandten aufs Land", so der 37-jährige Österreicher, der für die Caritas in Dürregebieten Nordkenias tätig ist. Büros würden aus Sicherheitsgründen geschlossen, Mitarbeiter beurlaubt.

Anders als 2007, als sich die Ausschreitungen auf Nairobi konzentrierten, könnte es heuer auch auf lokaler Ebene Konflikte geben, sagt Thurn-Valsassina. Denn neben dem Staatschef werden auch Parlament und Regionalregierungen gewählt.

"Ethnische Grenzen"

Umfragen, die Odinga und seinem Parteienbündnis NASA eine Niederlage voraussagen, haben laut Kenia-Experten Jan Cernicky nur begrenzte Aussagekraft, traditionell gebe es zwei ähnlich starke Lager. "Wahlen entscheiden sich entlang ethnischer Grenzen", schreibt Cernicky im aktuellen Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung zu Kenia. Angehörige der 42 Volksgruppen wählten meist Kandidaten ihrer Ethnie oder gingen gar nicht wählen. Das Parteienbündnis von Präsident Kenyatta (Jubilee) habe dadurch leichte Vorteile.

Die Bilanz der ersten Amtszeit Kenyattas ist durchwachsen. Kenia ist der Wirtschaftsmotor Ostafrikas mit boomenden Städten, einer wachsenden Mittelschicht und einer gut entwickelten Landesmitte. Die Ungleichheit ist allerdings groß, sowohl zwischen sozialen Schichten als auch zwischen Zentrum und Peripherie. Rund 40 Prozent der 47 Millionen Kenianer leben unter der Armutsgrenze, bis zu vier Millionen sind wegen einer anhaltenden Dürre samt enormer Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln von Hunger bedroht oder hungern. Viele Junge sind trotz Ausbildung arbeitslos.

In dieser Gemengelage gab es jüngst "Vorfälle, die die Wahrscheinlichkeit für Unruhen erhöhen könnten", so Thurn-Valsassina. Ein Anwesen von Vizepräsident Ruto wurde angegriffen. Ein leitendes Mitglied der Wahlkommission wurde tot aufgefunden – mit Folterspuren. "Und es gab Ausschreitungen bei Wahlveranstaltungen."

Gegen verbreitete Gewalt spricht laut Experten, dass die Behörden gut vorbereitet seien und Siedlungsgebiete rivalisierender Ethnien nach den Vertreibungen 2007 nicht mehr so stark durchmischt seien. Raphael Thurn-Valsassina: "Wir können nur hoffen, dass es gut geht."

Kommentare