WIIW-Resümee sieht "gemischte Erfolgsbilanz" der Russland-Sanktionen

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39 Prozent der internationale Firmen machen immer noch "business as usual" - Aus Österreich mit fast zwei Dritteln deutlich mehr.

65 Prozent jener Firmen aus Österreich, die vor dem russischen Einmarsch in der Ukraine in Russland tätig waren, sind auch weiter dort aktiv. Damit liegen Austro-Unternehmen über dem weltweiten Durchschnitt. Denn laut dem Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) sind weltweit gesehen nur 39 Prozent der Firmen in Russland geblieben, nachdem Sanktionen verhängt wurden. Insgesamt zieht WIIW-Experte Vasily Astrov eine "gemischte Erfolgsbilanz".

Denn, so der Wissenschafter unter Berufung auf Daten der Kyiv School of Economics, mit Stand März haben sich nur 201 ausländische Firmen - in der Gesamtzahl 6 Prozent - vollständig aus dem kriegführenden Land zurückgezogen. Insgesamt etwa 54 Prozent (rund 1.700 Firmen) haben ihre Aktivitäten eingeschränkt, reduziert oder neue Investitionen zurückgestellt. 39 Prozent (1.225 Firmen) machen allerdings "business as usal".

Sanktionen vor allem im Hightech-Bereich

Firmen, die weiter in Russland tätig sind, stammen freilich aus nicht-sanktionierten Branchen, wie etwa die österreichische Agrana im Lebensmittelbereich. "Sanktioniert sind aus russischer Sicht vor allem Importe von Hightech-Produkten wie Halbleiter, Maschinenausrüstung, Güter mit doppeltem Verwendungszweck - also zivilem und militärischem - sowie Luxusgüter", so Astrov im Gespräch mit der APA. "Die meisten Güter sind nicht sanktioniert und natürlich viele Firmen in diesen Bereichen tätig."

So seien die Raiffeisen Bank International (RBI) und Töchter anderer westlicher Banken wie der UniCredit vorerst weiter im russischen Finanzbereich tätig, denn der Westen habe die eigenen Banken freilich nicht sanktioniert. "Das ist nicht illegal." Die RBI mache in Russland gute Profite, gerade weil sich einige Konkurrenten von dort zurückgezogen hätten. "Sie spielt momentan eine enorm wichtige Rolle in Russland - speziell in der Zahlungsabwicklung mit dem Rest der Welt", so Astrov. Russische Banken sind ja vom internationalen Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen worden.

Rechtliche Schwierigkeiten sprechen oft gegen Abzug

Gegen einen Abzug sprechen oft auch rechtliche Schwierigkeiten, wie sie etwa aus Österreich unter anderem die OMV geltend macht. Astrov: "Der Ausstieg 'unfreundlicher' Investoren aus dem Finanz-, Rohstoff- und Energiesektor ist gänzlich verboten, es sei denn, der russische Präsident genehmigt einen solchen ausdrücklich." Auch dies könne teilweise erklären, warum einige westliche Banken wie die RBI vorerst in Russland bleiben.

Jene Firmen aus der ganzen Welt, die Russland verlassen haben, erwirtschafteten im Jahr 2021 im Russlandgeschäft 46 Mrd. Dollar. Das entsprach etwa 15 Prozent des Gesamtumsatzes ausländischer Unternehmen in Russland.

Hauptmotivation: Sorge um Image

Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 und der Verhängung weitreichender westlicher Sanktionen hatten viele ausländische Unternehmen angekündigt, ihre Exporte nach Russland einzustellen und/oder sich aus dem Land zurückzuziehen, erinnert Astrov.

Er verweist auf große Unterschiede zwischen Firmen aus verschiedenen Ländern. Das sei wenig überraschend, wenn man bedenke, dass die Hauptmotivation für ausländische Unternehmen, Russland zu verlassen, die Sorge um ihr öffentliches Image sei. Der jeweilige Druck im Inland, Russland zu verlassen, sei von Land zu Land sehr unterschiedlich. Oft hänge dieser von der offiziellen Position der Regierung ab.

So haben etwa 80 Prozent der Unternehmen aus - nach offizieller russischer Lesart "befreundeten" Ländern wie der Türkei, China und Indien -, keine Pläne angekündigt, den russischen Markt zu verlassen. Im Gegensatz dazu sind Unternehmen aus Ländern, die Russland besonders kritisch gegenüberstehen - etwa Polen, Großbritannien und die baltischen Staaten - in ihrer überwältigenden Mehrheit dabei, das Land zu verlassen oder haben das bereits getan.

Besonders extrem war naturgemäß die Abwanderung von Firmen aus der von Russland angegriffenen Ukraine. Nur zwei ihrer in Russland tätigen Unternehmen (4 Prozent der Gesamtzahl) führen ihre Geschäfte wie gewohnt fort.

Die Bedingungen für den Verkauf von Vermögenswerten sind für ausländische Firmen in Russland äußerst schlecht. Der damit verbundene Preisnachlass beträgt Berichten zufolge im Durchschnitt 70 Prozent, so Astrov. Laut einer Studie haben 7 Prozent der Unternehmen ihre Vermögenswerte zurückgelassen, ohne sich überhaupt die Mühe zu machen, diese zu verkaufen.

Ein Spiel auf Zeit?

Neben den schwierigen Marktbedingungen unterliegt der Verkauf russischer Vermögenswerte durch Investoren aus "unfreundlichen" Ländern der Genehmigung durch eine staatliche Kommission, die neben anderen Bedingungen einen Preisnachlass von zumindest 50 Prozent gegenüber der Marktbewertung verlangt.

"Zudem ist es wahrscheinlich, dass viele ausländische Investoren in Russland einfach auf Zeit spielen", so Astrov im neuesten WIIW-"Monthly Report". Hier spiele die Hoffnung eine Rolle, dass der Krieg früher oder später zu Ende ist, sich das geopolitische Klima verbessert und zumindest einige der Sanktionen wieder aufgehoben werden.

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