Wiener Charmeoffensive im Schatten des Brenners
Der Termin in Berlin war lang geplant und gut akkordiert. Seit Montagabend war Außenminister Sebastian Kurz bereits in Berlin, um mit seinem neuen Amtskollegen im Verteidigungsressort, Hans Peter Doskozil, eine Charmeoffensive zu starten – Ministerbesuche, Gespräche und viele Handreichungen standen dabei am Programm. Man wollte die Gräben, die sich während der Flüchtlingskrise zwischen den Nachbarn aufgetan hatten, wieder zuschütten.
Allein, dass just am Dienstag die Aufregung über die geplanten Grenzkontrollen am Brenner so groß sein würde (siehe hier), stand dabei natürlich nicht auf der Agenda: Die Ankündigung Doskozils gegenüber der Agentur Reuters, dass spätestens ab Anfang Juni auch am Brenner ein Grenzmanagement samt Kontrollen eingeführt werden soll, sorgte deshalb auch in Berlin für kritische Anmerkungen. "Der Brenner war sowohl bei den Gesprächen mit Verteidigungsministerin Von der Leyen als auch beim Treffen mit Außenminister Steinmeier ein Thema", bestätigte ein Sprecher von Kurz nach den Treffen; und wohlwollend war die deutsche Reaktion jedenfalls nicht. Dass Österreich sich nun auch mit Italien anlege, sorgt bei der Berliner Regierung für wenig Freude; darin ist schließlich auch die Fortsetzung jenes Streits zu sehen, der ja überhaupt der Grund für Kurz’ und Doskozils Reise war: Das leidige Thema der Zäune und Obergrenzen, das ja auch zu einer ordentlichen Entfremdung zwischen den beiden Kanzlerämtern geführt hat.
Grantige Grüße
Angela Merkel und Werner Faymann, die im September noch gemeinsam für Willkommenspolitik standen, gingen mit Zuspitzung der Krise ja andere Wege – und bekrittelten einander dafür ordentlich. Mittlerweile richten die beiden einander zwar keine grantigen Grüße mehr über die Medien aus, die Gesprächsbasis zwischen Wien und Berlin ist aber noch immer angeknackst – und das galt bis vor kurzem auch für die beiden Parteizentralen. Die CDU und das Berliner Kanzleramt waren durchaus verärgert darüber, dass der Schwenk der Österreicher von der ÖVP orchestriert wurde – im Fokus stand dabei Außenminister Kurz.
Die Kritik, die sich Kurz und Doskozil wegen des Brenners anhören mussten, nahm man gelassen zur Kenntnis. "Man wird uns immer darin erinnern, dass wir gegen den Strich bürsten", so ein Sprecher von Kurz.
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