Wie Trumps Deal mit den Taliban einen Krieg befeuern könnte
Die Formel klingt einfach: US-Truppen raus aus Afghanistan, die Taliban beenden ihren Aufstand, Unterschrift, Friede bis ans Ende aller Tage. US-Präsident Donald Trump klingt so, als stünde der Abschluss eines solchen Deals unmittelbar bevor.
Freilich, so der US-Präsident, man wolle nicht, dass Afghanistan ein Labor für Terrorismus werde. Man werde in gewissem Umfang schon bleiben, schließlich sei Afghanistan ja ein „gewisses Nest“.
Die USA und die Taliban sprechen seit geraumer Zeit miteinander. Acht Gesprächsrunden hat es in der katarischen Hauptstadt Doha, wo die Taliban ein Büro unterhalten, bereits gegeben.
Im Juli war sogar die afghanische Regierung mit am Tisch gesessen. Also eine Regierung, die die Taliban als illegitim betrachten und zu der man sich jeden Kontakt verbat.
Nach den Worten des US-Unterhändlers Zalmay Khalilzad steht man in den Gesprächen nun knapp vor einer Einigung. Und dann hätte Trump an der Heimatfront knapp vor den Wahlen 2020 das, was er braucht: Einen Deal, der es den USA ermöglicht, Truppen nach Hause zu holen.
Sein Amtsvorgänger Barack Obama hatte das bereits versprochen – und nicht geschafft. Aber auch Trumps Anlauf werden geringe Erfolgsaussichten eingeräumt.
Gegenwärtig haben die USA 15.000 Mann in Afghanistan. Die Rede ist laut US-Medien von einer Reduktion um rund die Hälfte als erster Schritt. Im Gegenzug hätten die Taliban zugesagt, Verbindungen zu internationalen Terrororganisationen zu kappen.
Was ausstünde, seien noch „technische Details“ sowie „Schritte und Mechanismen“ zur Umsetzung, so Khalilzad. In weiterer Folge sollen sich Kabul und Taliban auf eine Machtteilung einigen, bevor die letzten GIs abziehen.
Und hier fangen sie an, die Kalamitäten: Nach wie vor lautet die Losung der Taliban, man würde erst nach einem kompletten US-Abzug Gespräche mit Kabul aufnehmen. Aufseiten Kabuls wiederum stellt sich die Frage: Wer spricht für die Regierung?
Denn die ist nach den desaströsen Wahlen 2014 zwischen Präsident Ashraf Ghani und Regierungschef Abdullah Abdullah gespalten. Dem nicht genug, funkt Ex-Präsident Hamid Karzai dazwischen. Zuletzt bezeichnete er die im Herbst bevorstehenden Präsidentenwahlen wie den Friedensprozess als fremdgesteuert und illegitim.
Abkommen Kabuls mit den Taliban laufen immer Gefahr, in den Sog interner Machtkämpfe zu geraten und damit irrelevant und unverbindlich zu werden.
Islamistisches System
Welche Druckwelle die mögliche Einigung erzeugt, zeigt schon der Umstand, dass in Kabul erneut über eine Verschiebung der Wahl nachgedacht wird. Auch aussichtsreiche Kandidaten haben ihre Kandidatur zurückgezogen oder den Wahlkampf eingestellt. Denn befürchtet wird, dass das von den USA verhandelte Ende ihres Krieges nur eines befeuert: den Krieg.
Was sich aufdrängt, ist die Frage: Was gibt es zu verhandeln? Die Forderung der Islamisten ist aufrecht: Ein durch und durch islamisches System. Derzeit hat Afghanistan eine im regionalen Vergleich aber liberale Verfassung. Bürgerrechte oder Frauenrechte drohen zur Verhandlungsmasse zu werden, ist die Befürchtung liberal gesinnter Afghanen.
Schwache Regierung
Denn die Kabul-Regierung hat ohne das militärische Rückgrat der USA in keiner Weise die Position, Forderungen aufzustellen. Eher im Gegenteil: Die Regierung ist schwer in der Defensive. Die Taliban kontrollieren weite Teile des Landes.
Täglich sterben rund 50 afghanische Sicherheitskräfte bei Kämpfen. Dass die Taliban überhaupt verhandeln, ist viel eher Resultat innerer Konflikte als echten Friedenswillens.
In den Rängen der Taliban sind durchaus auch Pragmatiker am Werk, deren Verbindung zu den Taliban eher auf Stammesallianzen als auf Ideologie fußt. Wie ein junger Kabuler sagt: „Wieso sollten diese Leute Waffen kaufen und Söldner bezahlen, wenn sie Sicherheit auch so haben können und das Geld in den Ausbau ihrer Heroin-Labors investieren können?“
Eine immer wieder aufgebrachte Idee in diesem Zusammenhang ist, dass den Clanführern in den eigenen Gebieten weitgehend freie Hand gelassen wird – quasi eine Selbstverwaltung nach Vorbild der FATA, der föderal administrierten Stammesgebiete in Pakistan an der Grenze zu Afghanistan.
Bemerkung am Rande: Für Islamabad sind die FATA ein massives Sicherheitsrisiko, gelten diese doch als sicherer Hafen für Extremisten.
Ein Risiko besteht also vor allem darin, dass sich Teile der Taliban der Terrormiliz „Islamischer Staat“ anschließen, die bisher eher vergeblich versucht hat, sich in der Region auszubreiten.
Wirtschaftsfaktor Krieg
Und dann ist da noch ein Faktor: Der Krieg ist angesichts der desaströsen wirtschaftlichen Lage schlicht zu einem Wirtschaftsfaktor geworden. An Personal mangelt es nicht: Die Wirtschaftskrise im Iran schwappt massenweise Auslandsafghanen zurück auf den afghanischen Arbeitsmarkt. Warlords, Extremisten, Terrorgruppen haben Geld und können Personal gebrauchen.
Das bei offensichtlicher Schwäche der afghanischen Armee. Luftwaffe gibt es praktisch keine – diese Aufgabe haben bis zuletzt in geringem Umfang die USA oder andere Staaten übernommen.
Und apropos andere Staaten: Um deren Abzug ging es in den US-Gesprächen mit den Taliban nicht.
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