Absolute Mehrheit
Das hat auch politische Gründe. Die Linksregierung meisterte nicht nur die Pandemie besser als der größere Nachbar, der sich in ideologischen Grabenkämpfen um Feminismus und Geschichtsaufarbeitung verliert. Seit den Neuwahlen 2022 hat der seit 2015 regierende Premier António Costa mit seiner Partei PS auch wieder eine knappe absolute Mehrheit im Parlament. Davon kann sein spanischer Amtskollege Pedro Sánchez nur träumen.
Einfach hat es Costa dennoch nicht. Die Bevölkerung will vom Wachstum des Landes profitieren, sich mehr leisten können. Streiks und Proteste nehmen darum zu. Der durchschnittliche Jahresbruttolohn liegt in Portugal bei nur etwas über 20.000 Euro, der Mindestlohn noch weit unter dem spanischen. Alle kurzfristigen Staatshilfen können den Kaufkraftverlust und die hohen Mieten nicht auffangen.
Costas Regierung setzte erste Schritte. Die fast 800.000 leer stehenden Wohnungen sollen zwangsvermietet werden (nach zwei Jahren Leerstand), es wurde ein Mietdeckel eingeführt, Touristenwohnungen limitiert. Das seit 2015 laufende „Golden Visa“-Programm, das Reiche aus aller Welt gelockt hatte, wurde eingestellt.
Wenig Arbeitslose
Das Land hat einiges erreicht nach der Staatsrettung 2011, auch wenn es immer noch zu den EU-Hochschuldländern gehört. Anders als Frankreich oder Spanien konnte es 2022 die Staatsverschuldung sogar senken. 2022 wuchs die Wirtschaft um 6,7 Prozent, so stark wie seit 1987 nicht mehr. Die Exporte sind auf Höchststand, die Arbeitslosigkeit mit 6,5 Prozent nur halb so hoch wie in Spanien.
Der 61-jährige Costa, ein gelernter Jurist, stehe mit seiner bescheidenden Art für den Erfolg des 10 Millionen-Einwohnerlandes, sagt José Manuel Pascual Barea. Der Sozialist sucht die Gunst der Portugiesen durch klassisch linke Politik zu gewinnen – etwa durch arbeiterfreundliche Homeoffice-Regelungen oder die in Teilen eingeführte 4-Tage-Woche bei gleichem Lohn.
Auf diesen Vorstoß der Regierung sprangen viele Unternehmen auf, obwohl der Staat nichts zuschoss. Zudem werden Sondergewinne der Lebensmittelhändler mit 33 Prozent versteuert, Supermärkte werden kontrolliert, um die Teuerungsrate von 21 Prozent zu senken – die Rekordgewinne der portugiesischen Handelsketten waren dafür Auslöser.
Kaum Gastarbeiter
Auch hier unterscheidet sich Portugal von Spanien: die portugiesischen Sozialdemokraten legen sich auch mit dem mächtigen Lebensmittel- und Immobiliensektor an, falls es der Bevölkerung dient. „Meine portugiesischen Mitarbeiter ziehen es vor, in ihrem Land zu leben, obwohl es steuerlich für sie in Spanien besser wäre.
Das sagt eigentlich alles über die inzwischen gewachsene Lebensqualität dort aus,“ sagt Pascual Barrera. Der portugiesische Gastarbeiter sterbe aus, der Neid auf den größeren Bruder auch. Beide Länder rückten politisch immer näher aneinander: „Und das ist gut so.“
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