Wettlauf um Rettung der ukrainischen Kulturgüter

Das letzte Mal, als der Teil jenes Holzaltares, der Jesus, Maria und Maria-Magdalena zeigt, in Sicherheit gebracht werden musste, schrieb man das Jahr 1941. Die deutsche Wehrmacht stand vor Lemberg (heute Lviv), und aus Sorge vor der Zerstörung dieses Meisterwerkes verbrachte man es von der armenischen Kirche des 14. Jahrhunderts in einen Bunker. Gut 80 Jahre danach landete die Skulptur neuerlich im Untergrund, diesmal in einem U-Bahnschacht, um sie vor etwaigen russischen Bomben- und Raketenangriffen zu schützen.
„Sie sind Barbaren. Es schert sie keinen Deut, was sie vernichten“, sagte Lilia Onischenko, Stadt-Beauftragte zur Rettung des Kulturerbe Lvivs, dem Guardian, „ich habe nie Hitler getroffen, doch ich glaube, (Kremlchef Wladimir) Putin ist schlimmer. Er ist ein Teufel, kein Mensch.“
Viele Ukrainer meinen, dass Russland in der Ukraine ganz bewusst das kulturelle Erbe ins Visier nimmt: „Wenn wir unsere Kultur verlieren, verlieren wir unsere Identität“, umschreibt Onischenko Putins Kalkül aus ihrer Sicht. So wie schon zu Sowjetzeiten versuche auch die jetzige russische Führung, alles genuin Ukrainische auszulöschen. Umso mehr, als der Kremlchef die Eigenständigkeit einer ukrainischen Nation bestreite.
Daher werden nun im ganzen Land teils Jahrhunderte alte Schätze, von denen einige zum Weltkulturerbe zählen, in Sicherheit gebracht oder geschützt, so gut es eben geht. So wurde in Lviv etwa die Kathedrale ebenso „verpackt“ wie vier Kalksteinskulpturen, die die Endpunkte des alten Marktplatzes markieren.
Mitarbeiter von Kultur-Institutionen wurden ins gesamte Land geschickt, um zu retten, was zu retten ist. So wurden auch in der Hauptstadt Kiew Rollen des nationalen Filmarchives in U-Bahnstationen gebracht. Zudem wird gerade intensiv daran gearbeitet, das Erbe online zu stellen (wo es eben geht) – und so vor russischen Attacken zu bewahren.
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