Leicht wird es in keinem Fall. Denn der neue Chef der britischen Konservativen muss die Partei nicht nur erstmals seit 14 Jahren von der Oppositionsbank aus leiten, sondern sowohl die Spaltungen innerhalb der Torys kitten, also auch das Vertrauen der Wähler zurückgewinnen. Sechs Kandidaten bemühen sich derzeit dennoch um die Nachfolge von Rishi Sunak.
Nachdem beim letzten Führungswettkampf jedoch nur Sunak die Schwelle von 100 Unterstützerstimmen erreichte, wurde die Anforderungen diesmal auf zehn Stimmen reduziert. Und so konnten sich nun sechs Kandidaten finden.
Streng gegen sich, streng gegen andere
Als erster hat vergangene Woche Innenpolitik-Sprecher James Cleverly seinen Hut in den Ring geworfen.
Er gestand ein, dass die Partei das Vertrauen der Wähler verloren hat und sieht sich als vormaliger Innenminister dennoch am besten in der Lage, die Tories wieder zu vereinen, schrieb er im Telegraph. Dann rief er die Konservativen zur mehr „Selbstdisziplin“ auf. Doch werden die Abgeordneten jemanden wählen, der sie gleich maßregelt?
Tags darauf trat der frühere Sicherheitsminister Tom Tugendhat dem Rennen bei. In seinen Auftaktinterviews ließ er wissen, dass er bereit sei, als Parteichef den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu verlassen. Noch vergangenen Oktober hatte er argumentiert, dass ein Austritt Folgen für das Karfreitagsabkommen und die dezentrale Verwaltungen haben könnte. Doch er hofft wohl auf Stimmen aus dem rechten Flügel.
Um die wird er sich mit Robert Jenrick streiten müssen. Jenrick ist im Dezember als Einwanderungsminister zurückgetreten, weil ihm der Ruanda-Plan nicht weit genug ging.
Das erste Mal hatte er in diesem Amt für Aufsehen gesorgt, als er anordnen ließ, die Wandbilder von Mickey Mouse und Balu der Bär aus einem Meldezentrum für Asylwerber zu entfernen. Er befürchtete, sie seien zu einladend.
Kontinuität oder Reform
Überraschend kam das Aufstellen des früheren Arbeits- und Pensionsminister Mel Stride. Die britischen Medien malen ihm keine Chancen aus, er selbst sieht sich als hoffnungsvoller „Kontinuitätskandidat“.
Bessere Karten hat wohl die bekannte, wenn auch umstrittene Europa-Skeptikerin Dame Priti Patel.
Sie will die Partei so reformieren, dass normale Parteimitglieder wieder Kontrolle über die Politik haben. Sie hofft damit wohl an jene Tory-Wähler zu appellieren, die mit Nigel Farages "Reform UK"-Partei liebäugeln.
Als letzte ließ sich am Montag die frühere Frauen- und Gleichberechtigungsministerin Kemi Badenoch aufstellen. In der Times teilte sie gegen Cleverlys oder Patels Ruf für mehr Einheit in der Partei aus. Dies sei nicht genug.
Vielmehr müsste man dafür sorgen, dass die Grundprinzipien neu definiert werden. Der Nationalstaat müsste wieder an erster Stelle für seine Bürger da und Kapitalismus sollte kein Schimpfwort mehr sein.
Die Kandidaten haben zwei Monate Zeit, ihre Parteikollegen von sich zu überzeugen. Im September werden dann die besten vier gewählt. Der Sieger - und damit neue Parteichef - wird bei der Jahreskonferenz der Torys Ende September in Birmingham vorgestellt.
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