Allerdings sei sich Frederiksen nicht über die Rechtswidrigkeit im Klaren gewesen. Unwissenheit schützt im Staate Dänemark vor Strafe – zumindest könnte dies für die Premierministerin Mette Frederiksen gelten. Damals, im November 2020, brachte der Nerz-Skandal die Regierung ins Wanken. Da auf jütländischen Nerzfarmen eine Mutation des Coronavirus von Nerz auf Mensch übertragen wurde, glaubten dänische Wissenschafter des "Staatlichen dänischen Instituts für Serenkunde" (SSI), dass diese Mutante gegenüber Antikörpern weniger empfindlich wäre.
Angst vor zweitem Wuhan
Schreckensvorstellungen von einem zweiten Wuhan machten in Dänemark die Runde. Die Entscheidung, die rund 15 Millionen amerikanischen Nerze "keulen" zu lassen, war jedoch unrechtmäßig, wie sich einige Tage später herausstellte. Denn gesunde Nerze können nur getötet werden, wenn sie sich im Radius von 7,8 Kilometer zu infizierten Tieren aufhalten. Frederiksen wird auch vorgehalten, dass sie am 8. November offiziell von der Unrechtmäßigkeit der Handlung wusste, jedoch erst am 12. November den Fehler offiziell eingestand. Die Tötung der Nerze lief weiter.
Zudem löschte sie ihre SMS aus der besagten Zeit. Frederiksen, die seit 2019 regiert, ist dafür bekannt, auf recht resolute Art Entscheidungen umzusetzen. Bisher traten bei Schwierigkeiten im Nerz-Skandal Weggefährten der Premierministerin zurück, so auch Landwirtschaftsminister Morgens Jensen, der als "treuer Parteisoldat" die Konsequenzen auf sich nahm. Die entscheidende Frage, ob Frederiksen "grob fahrlässig" gehandelt habe, hat die Kommission nicht beantwortet.
Kritik von Opposition
Wäre dies der Fall, müsste sie nach dänischem Recht bestraft werden, womit die Sozialdemokratin als Regierungschefin nicht mehr haltbar wäre. Dass sich hier der Ausschuss mit einer Einschätzung gedrückt hatte, bringt einen Teil der Opposition wie der Medienvertreter auf; auch ist nicht klar, wie die Unwissenheit der Politikerin belegt werden kann.
Eine Parlamentsmehrheit wäre notwendig, um einen Rechtsausschuss mit einem Urteil zu beauftragen und Frederiksen vor Gericht zu stellen. Bisher sind sich die Parteien darüber noch nicht einig. Zudem ist die Lektüre der Untersuchung mit 1.649 Seiten recht umfangreich. Mit der Entscheidung wurde eine ganze Branche ausgelöscht, Dänemark war der weltweit führende Pelzlieferant von Nerzen.
Den Züchtern wurden umgerechnet 2,5 Milliarden Euro Entschädigung durch den Staat zugesprochen. Der Anblick der Massenverscharrung der Tiere mittels Bagger ging um die Welt – und warf die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Pelztierfarmen erneut auf.
Kommentare