Wenn die Luft dicker als in Peking ist, oder: Kohle, Kohle über alles

Krakau, luftverschmutzteste Stadt Polens
Luftverschmutzung. Die meisten Smog-Städte Europas liegen in Polen. Dennoch will die Regierung Windkraft zurückfahren und Kohle ausbauen.

Es herrscht dicke Luft in Polen. Nein, diesmal ist nicht die Politik der rechts-nationalen Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PIS) gemeint, und wenn, dann nur im Zusammenhang mit der wirklich dicken Luft, nämlich der in der Luft: Im polnischen Städtchen Skala zum Beispiel lag die Luftverschmutzung kürzlich mit 979 Mikrogramm Giften und Ähnlichem pro Kubikmeter höher als in Peking (737), das gemeinhin als Dreckschleuder der Welt gilt. Und damit 20-mal höher, als EU-Limits es eigentlich erlauben würden.

Oder, wie die Financial Times es noch drastischer in (Greenpeace-)Zahlen goss: 33 der 50 luftverschmutztesten Städte in Europa liegen in Polen. Krakau ist die drittschmutzigste europäische Stadt, nur in Pernik und Plovdiv in Bulgarien atmet man noch ungesünder. In Warschau waren kürzlich die öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos, weil giftiger Smog drohte – die Warschauer fuhren trotzdem mit dem Auto. Kurzum: Wenn auf dem europäischen Kontinent ein Land Hauptstadt des Smog wäre, dann wäre das zweifelsfrei Polen.

In der Luft liegt vor allem das krebsauslösende Benzopyren, das durch Kohleverbrennung entsteht. Und das ist auch schon die Hauptursache der schlechten polnischen Luftqualität: 90 Prozent der Energie in Polen wird nach wie vor durch Schwarz- oder Braunkohle gespeist. Die meiste davon wird im eigenen Land abgebaut. Rund 40 Prozent der Polen entsorgen ihren Müll durch den Kamin, fast 50 Prozent heizen Haus und Wohnung mit Kohle.

900 Mio. Euro Strafe?

Die EU-Kommission hat im vergangenen Sommer eine Klage beim EU-Gerichtshof gegen Polen beschlossen, weil in 46 beobachteten polnischen Gebieten gegen Regeln zu schädlichem Feinstaub verstoßen worden sei – es droht eine Strafe von bis zu 900 Millionen Euro.

Die polnische Regierung, und jetzt sind wir dann doch bei der PIS, ficht das nicht an. Die Kohleindustrie, die in Polen mehr als 100.000 Menschen beschäftigt, ist mächtig, von ihrem und ihrer Lobby Wohlwollen sind Regierende in Polen abhängig. Daher hat die Regierung kürzlich Gesetze beschlossen, die die Windindustrie wieder kräftig zurückfahren werden, während die Kohleproduktion sogar noch ausgebaut werden soll. "Polen beruht auf Kohle, und das wird sich nicht ändern", sagte Verteidigungsminister Antion Macierewicz vor Grubenarbeitern, und Präsident Andrzej Duda sagte bei ähnlicher Gelegenheit, dass er nie zustimmen werde, "dass uns durch irgendwelche EU-Rechtsvorschriften die Kohle weggenommen wird". So wird wohl auf absehbare Zeit Pollution (Luftverschmutzung) und Polen nicht nur phonetisch eins sein.

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