"Frauen dienen längst"
Wieso funktioniert in Skandinavien, was in anderen Ländern unvorstellbar scheint? Auch Deutschland diskutiert wegen der Verschiebung der globalen Machtverhältnisse – also der gefährlichen Nähe zwischen Putin und Trump – über die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Als Verteidigungsminister Boris Pistorius andeutete, dass da auch Frauen mitgemeint sein könnten, sagten vor allem Feministinnen laut Nein: „Frauen leisten längst Dienst an der Nation“, schrieb Autorin Nele Pollaschek in der Zeit. 15 Monate seien sie im Schnitt in Elternzeit, Väter nicht mal vier. Wenn, müsste man also auch die Männer zum „verpflichtenden Dienst an der Windel“ zwingen.
Damit hat sie einen Punkt. Dass die Gleichberechtigungsfrage in Skandinavien kein Thema war, hat mit der realen Gleichstellung dort zu tun. Kaum eine Firma in Dänemark setzt Meetings nach 16 Uhr an, da müssen die Kinder vom Kindergarten geholt werden; die Betreuung selbst gilt als eine der günstigsten und besten der Welt.
Frauen sind dagegen
Norwegen, Dänemark und Schweden liegen in den EU-Gleichheits-Indizes stets vorne, Österreich liegt nur im Mittelfeld, sogar hinter Deutschland. Was die Väterkarenz angeht, sind wir sogar EU-Schlusslicht.
Eine Einführung der Wehrpflicht für alle denkt hierzulande aber ohnehin niemand an. Ministerin Klaudia Tanner sagt zwar stets, Österreich brauche mehr Soldatinnen (derzeit sind es fünf Prozent), aber solange keine „komplette Gleichberechtigung“ geschafft sei, wäre das politisch nicht machbar.
In der Bevölkerung wäre zumindest ein Teil für eine Diskussion offen – und zwar vor allem Männer. Laut einer Gallup-Umfrage sind 44 Prozent der Österreicher für eine Wehrpflicht für alle, 49 dagegen; bei den Frauen sind nur 19 Prozent dafür, ganze 75 Prozent dagegen. Die Mehrheit der Nein-Sager (aus beiden Geschlechtern übrigens) begründete das mit dem vielsagenden Satz: „Frauen haben genug andere Pflichten – zum Beispiel Kindererziehung.“
"Man muss der Typ dafür sein"
Das Rollenklischee, das hier durchscheint, gebe es aber gerade im Bundesheer längst nicht mehr, sagt Viktoria Kronberger. Die 31-Jährige ist eine von 670 Soldatinnen in Österreich, ist Jägergruppenkommandantin in Straß, war zweimal im Kosovo. Bezahlt würden Männer wie Frauen beim Heer ohnehin gleich, und die körperlichen Unterschiede seien kaum Thema. „Der Wille muss da sein“, sagt sie und erzählt von einem Sternmarsch an einem heißen Sommertag, bei dem sie und eine zweite Soldatin „bei den wenigen waren, die noch gestanden sind.“
Dass Frauen wie Männern gleich viel abverlangt werde, sei aber nichts für jeden. „Man muss der Typ dafür sein. Es braucht ein gewisses Auftreten, Standfestigkeit. Aber das trifft auf Männer ja auch zu.“ Aber Frauen werden zumindest nicht mehr abgeschreckt, da helfe auch der freiwillige Grundwehrdienst für Frauen. Seit zwei Jahren gibt es ihn, 20 Prozent mehr Frauen hat man schon, immerhin.
Die BH-Frage
Im NATO-Staat Dänemark hat man andere Probleme, dort gibt es jetzt schon mehr weibliche Freiwillige als Ausbildungsplätze. Seit Putins Aggression steigt das Interesse am Heer, seit Trump seine Hand nach Grönland ausstreckt, hat das Politik und Gesellschaft noch mehr aufgeschreckt. Sorge hat man darum nur, dass die Infrastruktur für die vielen Rekrutinnen auch reicht.
In den Medien gab es dazu fast nur ein Thema: Dass das Heer keine passenden BHs für Frauen hat, also solche, die nicht rutschen oder schmerzen. Da ist Österreich weiter: „Bei uns gibt’s Frauensprecherinnen und jährliche Erhebungen, was passt und was nicht“, sagt Kronberger. „Wäsche bekommt man oder kauft sie selbst - das Geld gibt’s zurück."
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