„Die Stadt wurde von den Ukrainern zur Festung ausgebaut, stellt einen Teil der ersten Verteidigungslinie dar, die die Russen zum Teil bereits durchbrochen haben. Etwa bei Popasna, das im Mai 2022 erobert wurde“, sagt Militäranalyst Oberst Markus Reisner zum KURIER.
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Dahinter befinden sich zwei weitere Verteidigungslinien, die allerdings lange nicht so gut ausgebaut seien wie die erste: „An der ersten Linie hatte man acht Jahre Zeit – momentan erschwert der gefrorene Boden den Ausbau stark“, sagt Reisner. Mit der sogenannten Surowikin-Linie, die die russischen Streitkräfte vergangenes Jahr an der Front und Dutzende Kilometer tief gezogen hatten, sei die zweite ukrainische Verteidigungslinie nicht vergleichbar.
Einen raschen russischen Durchbruch erwartet Reisner allerdings nicht. „Es sei denn, es kommt infolge des Munitionsmangels zu einem Domino-Effekt. Ein solcher lässt sich allerdings schwierig vorhersagen.“ Grundsätzlich ist die Lage für die Ukraine schwierig: Im Herbst hatte Präsident Wolodimir Selenskij angekündigt, man werde sich auf besser zu verteidigende Positionen zurückziehen müssen. Kritiker bemängeln, dass man bereits zuvor einen Fokus auf den Ausbau von Stellungen hätte legen müssen.
In der Defensive
Eine erneute russische Winteroffensive sei nach dem Scheitern der ukrainischen Sommeroffensive zu erwarten gewesen. „2024 wird das Jahr werden, in dem sich die Ukraine in die Defensive zurückziehen muss und Russland anlaufen lässt. Währenddessen wird man versuchen, die eigenen Streitkräfte wieder aufbauen zu können“, sagt Reisner. Dafür brauche es aber Waffen, Munition und Gerät aus dem Westen, um die Verteidigung aufrecht zu erhalten. „Das Problem ist aber, dass vor allem Europa kaum noch Equipment zur Verfügung stellen kann“, setzte Reisner fort. Die Ukraine ausbluten zu lassen, sei das Ziel Russlands.
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Laut Reisner ist die Strategie, die Ukrainer mit Quantität, anstatt mit Qualität in die Knie zu zwingen: „In der Zeit, in der die USA einen Panzer bauen, baut Russland drei. Und auch wenn die Qualität nicht so gut ist wie jene der westlichen Panzer, sind sie zahlenmäßig überlegen.“
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