Was ist dran an den ukrainischen Gegenstößen in Bachmut?

Bei den in Bachmut kämpfenden russischen Truppen schrillen nach Darstellung des Kriegskorrespondenten des russischen Staatsfernsehens die Alarmglocken. Angesichts der ukrainischen Angriffserfolge an den Flanken der in der Stadt kämpfenden Söldnertruppe Wagner drohe eine umfassende Einkesselung, schrieb Jewgeni Poddubny am Donnerstag. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hatte zuvor mehrfach vor einem drohenden Kessel aufgrund ungesicherter Flanken gewarnt. Das russische Verteidigungsministerium widersprach indes Berichten über Durchbrüche ukrainischer Truppen.
Einige Quadratkilometer zurückerobert
Ein solcher Kessel ist derzeit noch lange nicht absehbar – zumindest anhand der derzeit bestätigten Durchbrüche.
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Sowohl im Süd- als auch Nordwesten konnten die ukrainischen Streitkräfte Gelände in Besitz nehmen, russische Verbände in die Flucht schlagen. Allerdings gelang es den ukrainischen Streitkräften bisher nicht, den russischen Flankenschutz vollends zu durchbrechen.
Folgende Karte – aus Sicht der Wagner-Gruppe – zeigt in Türkis die angeblich von ukrainischen Streitkräften eingenommen Gebiete um Bachmut.
Von einem großen Durchbruch ist noch nichts zu sehen, allerdings könnte sich das tatsächlich ändern. Der erfolgreiche Angriff am Dienstag im Südwesten war deshalb erfolgreich, weil die Kommunikation zwischen der Wagner-Gruppe und der 72. Mot-Schützen-Brigade nicht funktionierte.
Der Zwist ist real
Die fehlende Koordination und die stark zunehmende Feindschaft zwischen dem russischen Verteidigungsministerium und der Wagner-Gruppe ist Fakt. Und in Ermangelung eines einheitlichen und koordinierten Vorgehens der Wagner-Gruppe und des Verteidigungsministeriums wird es für die russischen Streitkräfte immer schwieriger, die Flanken gegen Angriffe der Ukrainer zu halten. Dennoch: Um die russischen Kämpfer in Bachmut tatsächlich einzukesseln, müssten die Ukrainer im Norden sieben und im Süden 18 Kilometer vorstoßen, um die Stadt umfassen zu können. Gelänge dies, würden de facto alle russischen militärischen Erfolge der vergangenen Monate zunichte gemacht.
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All das lamentiert vor allem Prigoschin selbst, der in den vergangenen Tagen und Wochen nicht mit Kritik an der russischen Militärführung sparte, vergangenen Freitag gar einen Abzug seiner Truppen ankündigte – und dann doch blieb. Es ist stark anzunehmen, dass der Wagner-Chef all diese Aufmerksamkeit dazu nützt, seinen erklärten Feind, Verteidigungsminister Sergej Schoigu zu diskreditieren und die Schuld, dass Bachmut noch nicht vollständig in russischer Hand ist, von sich und seinen Kämpfern zu weisen, derer Zehntausende bisher gestorben sind.
Nichtsdestotrotz halten die ukrainischen Streitkräfte übereinstimmenden Berichten beider Seiten zufolge nur noch knapp zehn Prozent der Stadt. Ob sich gerade tatsächlich eine nachhaltige ukrainische Gegenoffensive in Bachmut entwickelt, werden die kommenden Tage zeigen.
Interessant ist allerdings, dass bei den aktuellen Angriffen bisher keine der neu geschaffenen Brigaden eingesetzt wurden.
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