Warum Selenskijs Krim-Versprechen eine Utopie ist

Warum Selenskijs Krim-Versprechen eine Utopie ist
Nach den Explosionen auf einem russischen Stützpunkt auf der Krim versprach der ukrainische Präsident eine Rückeroberung der Halbinsel.

Zumindest ein russischer SU-24-Bomber und mit hoher Wahrscheinlichkeit einige weitere Verluste hatten die russischen Streitkräfte durch Explosionen am Stützpunkt Saki im Westen der Krim hinnehmen müssen. Auf Videos, die am Dienstag vom zwei Kilometer entfernten Badestrand aufgenommen wurden, ist eine gewaltige Detonation zu sehen. Was genau sie verursacht hat, ist unklar: Das russische Verteidigungsministerium spricht von Fahrlässigkeit, die zur Explosion von Munition geführt haben soll.

Aus ukrainischen Regierungskreisen wird von einer „von der Ukraine entwickelten Waffe“ gesprochen, die zum Einsatz gekommen sei. Grundsätzlich würde auch die taktische Rakete „MGM-140 ATACMS“, die von einem HIMARS abgefeuert werden kann, über genügend Reichweite verfügen, die Luftwaffenbasis zu treffen. Eine Lieferung dieser Raketen an die Ukraine ist offiziell nicht bestätigt, wurde aber in den vergangenen Wochen diskutiert.

Die Explosionen ereigneten sich 200 Kilometer von der Front im Raum Cherson entfernt, was den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij dazu bewog, seinen Landsleuten die Rückeroberung der Krim zu versprechen. „Die Krim ist ukrainisch, und wir werden sie niemals aufgeben“, sagte er. Der Krieg habe 2014 mit der russischen Annexion der Halbinsel begonnen und werde mit ihrer Befreiung enden.

"Nicht genügend Kapazitäten"

Ansagen wie diese hatte Selenskij bereits einige Male getroffen – sie sollen zur Stärkung der Moral von kämpfenden Truppen wie der leidenden Bevölkerung beitragen. Gleichzeitig sprachen ukrainische Kreise von „loyalen Partisanen“ auf der Krim, was wiederum die russischen Truppen auf der Halbinsel demoralisieren soll.

Fakt ist: Ehe die ukrainischen Truppen einen Fuß auf die Krim setzen könnten, müssten sie die Front bei Cherson durchbrechen, den Fluss Dnepr überqueren und im Anschluss 90 Kilometer Steppengelände einnehmen. Und derzeit ist von einer großen „Gegenoffensive“ nicht viel zu sehen. Vielmehr bombardieren die ukrainischen Streitkräfte taktisch wichtige russische Stellungen und Brücken über den Fluss Dnepr mit Artillerie. Dieses sogenannte „Shaping“ soll die Voraussetzungen für eine Offensive schaffen. Der Financial Times erklärten ukrainische Vertreter allerdings, man habe nicht genügend Kapazitäten, bereits jetzt einen Angriff zu starten – es sei wahrscheinlicher, dass dieser erst 2023 erfolgen könne.

Zu diesem Zeitpunkt könnte es bereits zu spät sein, denn auch die russischen Truppen vermehren ihre Angriffe im Raum Cherson – und ziehen seit Juni mehr Truppen zusammen.

In den kommenden Wochen könnte es also sowohl zu einer russischen als auch ukrainischen Offensive bei Cherson kommen. Indes sollen russische Truppen im Donbass bereits in die Vororte der Stadt Bakhmut vorgedrungen sein.

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