Warum ist der Grenzort Rafah plötzlich wichtig?
Weil der dortige Grenzübergang an Land der einzige Weg aus dem Gazastreifen ist, der nicht nach Israel führt. Kontrolliert wird er vom ägyptischen Militär. Die israelische Regierung erklärte bereits, ihre Grenzen geschlossen zu halten, bis die Hamas alle knapp 200 israelischen Geiseln freilässt. Auch Hilfsgüter lässt Israel nicht durch.
Gleichzeitig warf das Militär über Gaza Flugblätter ab und forderte die Bevölkerung auf, vor Luftschlägen in den Süden des Gazastreifens zu fliehen. Der einzige Ort im Süden, bei dem es eine Aussicht auf Hilfsgüter gibt, ist Rafah.
Wie ist die Situation am Grenzübergang Rafah?
Das ägyptische Militär hält die Grenze nach wie vor geschlossen, von beiden Seiten kommt niemand durch, auch Doppelstaatsbürger nicht. Die Regierung in Kairo begründet das damit, dass bei israelischen Luftangriffen auch die Straßen unmittelbar vor der Grenze zerstört wurde.
Augenzeugen berichten von kilometerlangen Staus auf beiden Seiten: Im Gazastreifen die Tausenden, die fliehen wollen oder auf Hilfsgüter warten; in Ägypten eine Vielzahl an Lkw, die gerne liefern würden, aber nicht dürfen.
Warum werden erst jetzt Hilfsgüter geliefert?
Weil Großmächte vermittelt haben. Allen voran US-Präsident Joe Biden hat die dauerhafte Lieferung von Hilfsgütern am Mittwochabend in einem Telefonat mit dem ägyptischen Machthaber Abdel Fattah al-Sisi erwirkt. Zuvor hatte er sich mit Israels Premier Benjamin Netanjahu getroffen. Auch Chinas Präsident Xi Jinping hatte humanitäre Korridore gefordert.
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Offiziell heißt es, ägyptisches Personal müsse noch die Straße am Grenzübergang reparieren, daher könne man die Hilfsgüter erst ab Freitag durch lassen.
Von wievielen Hilfsgütern sprechen wir hier?
Biden sprach nach dem Telefonat mit al-Sisi davon, dass zunächst „bis zu 20 Lastwägen“ mit Hilfsgütern über Rafah in den Gazastreifen gelassen würden. Danach könnten weitere Lieferungen folgen. Zum Vergleich: Vor dem Großangriff der Hamas am 7. Oktober überquerten noch ca. 100 Lkw voller Hilfsgüter die Grenze – pro Tag.
Warum nimmt Ägypten keine Flüchtlinge aus dem Gazastreifen auf?
Weil die Angst groß ist, dabei auch Hamas-Terroristen ins Land zu lassen. Auch Israel hat deshalb Druck auf die ägyptische Regierung ausgeübt, den Grenzübergang in Rafah geschlossen zu halten. Der Norden der an Israel angrenzenden Halbinsel Sinai ist ein Krisengebiet – 2008 gewährte Ägypten zuletzt einer großen Menge palästinensischer Flüchtlinge Asyl, seither gibt es anhaltende Berichte über Hamas-Aktivitäten in der Region.
Zudem steht Ägypten vor einer drohenden Wirtschaftskrise und nahm zuletzt Tausende Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Sudan auf.
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