Historischer Tag in Nepal: Wahlen als Wendepunkt

Hoch war die Beteiligung an den Wahlen in Nord-Nepal.
Nach Bürgerkriegsende wählt das Land erstmals Parlament und Regionalparlamente.

Stundenlang waren viele der Wähler unterwegs gewesen, um sich dann noch einmal stundenlang anzustellen, um ihre Stimme abzugeben – wird der 26. November 2017 doch als ganz besonderer und in vielerlei Hinsicht historischer Tag in die Geschichte Nepals eingehen. Es sind nicht weniger als die abschließenden Schritte von einer zentralistischen Monarchie hin zu einer föderalen Demokratie die das bitterarme Land derzeit vollzieht.

Der Sonntag markierte dabei den Auftakt zu den ersten Parlamentswahlen in dem Land seit dem Ende des Bürgerkrieges. Gewählt wurde am Sonntag zunächst im gebirgigen Norden des Landes. Rund 3,2 Millionen Wähler waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. In einer zweiten Runde am 7. Dezember soll im Flachland im Süden gewählt werden. Bestimmt werden dabei jeweils Mandatare für das Parlaments in Kathmandu sowie die neu installierten Regionalparlamente.

Mit den Wahlen endet eine lange, zähe, zuweilen konfliktträchtige und vor allem von einer schweren Naturkatastrophe – dem Erdbeben 2015 – überschattete Übergangsperiode. Fast zehn Jahre, in denen es oft so ausgesehen hatte, als würden sich die politischen Akteure des Landes auf nichts einigen können. All das, während nicht weniger ein neuerliches Abschlittern in gewalttätige Konflikte im Raum stand.

Mit 28. Mai 2008 hatte die Monarchie offiziell geendet. Dem war eine lange Phase eines maoistischen Aufstandes sowie einer Protestbewegung gegen König Gyanendra voraus gegangen. Doch der Aufbau einer Staatsstruktur und Verhandlungen zu einer Verfassung gestalteten sich schwierig – und waren von Intrigen, Misstrauen und in Folge Stillstand gezeichnet. Dann bebte die Erde.

Einen "galvanisierenden Einfluss" schreibt Brita Pohl dem Erdbeben 2015 durchaus zu. Sie ist Vorsitzende der NGO Phase Austria und mit Politik und sozialen Umständen in Nepal bestens vertraut. Die politischen Akteure, so Brita Pohl, seien durch die Katastrophe 2015 schlicht gezwungen gewesen, eine Lösung zu finden. Und schließlich kam es 2015, knapp nach dem Beben, dann auch zur Einigung auf eine neue Verfassung.

Strittige Details

Bis zuletzt strittig blieben dann aber Details. Vor allem was die Bildung neuer Provinzen angeht. Ethnische und religiöse Differenzen (Hinduisten und Buddhisten), so sagt Brita Pohl, spielten dabei eine untergeordnete Rolle. Im Vordergrund stünden viel eher Befürchtungen, von Regionen, an Einfluss zu verlieren. Vor allem zwischen Tiefland und Hochland, oder geographischen wie klimatisch ganz unterschiedlichen Regionen gebe es Vorbehalte. Beziehungsweise hätten diese Gebiete, so sagt Brita Pohl, auch ganz unterschiedliche Bedürfnisse und Problemlagen, wenn es etwa um die Entwicklung von Landwirtschaft oder Infrastruktur gehe.

In der neuen Verfassung Nepals sieht Brita Pohl letztlich vor allem eine zentrale Veränderung: Mit der Schaffung von Regionen werde es erstmals rechenschaftspflichtige, demokratisch legitimierte Vertreter auf lokaler Ebene geben.

Nichts desto trotz sind die Gräben zwischen den politischen Lagern in dem Land tief – und zerreißen auch Familien. Zudem gibt es nach wie vor Untergrundgruppen, die militärisch aktiv sind. Und so fanden die Wahlen auch unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. In einem Wahlbüro explodierte am Sonntag ein Sprengsatz. In zwei Wahlbüros wurden Urnen mit Säure beschädigt.

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