Waffen an Saudis: Kneissl will Lieferstopp, Türkis-Blau nicht

NATIONALRAT: KNEISSL
Kneissl fordert Lieferungsstopp aller Mitgliedstaaten. FPÖ und ÖVP stimmten im Nationalrat aber nicht dafür.

In der Europäischen Union wird darüber gestritten, ob mit einem Waffenembargo auf die Tötung des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi reagiert werden sollte. Der Vorstoß der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, vorerst keine Rüstungsgüter an Saudi-Arabien zu liefern, rief geteilte Reaktionen hervor.

Die deutsche Regierung begrüßte den Vorschlag am Freitag. Auch das Europaparlament hatte sich dafür ausgesprochen. Spaniens Regierungschef Pedro Sanchez hatte am Donnerstag im Parlament dagegen erklärt, ein Stopp der Lieferungen komme nicht infrage. Frankreich und Großbritannien machten ebenfalls deutlich, sie hätten kein Interesse an einem Embargo.

Die deutsche Regierung freue sich über die Initiative der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, sagte eine Regierungssprecherin. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin ergänzte: "Wir stimmen uns jetzt mit unseren Partnern in der EU und auch innerhalb der G-7 ab, um mögliche Maßnahmen auch auf internationaler und europäischer Ebene zu prüfen." Mögliche Maßnahmen könnten aber erst ergriffen werden, wenn der Fall aufgeklärt sei.

Vorstoß in deutscher Zeitung

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) hatte der deutsche Zeitung "Die Welt" gesagt, die Tötung Khashoggis sei ein "beispielloser Rechtsbruch", stelle aber nur den "Gipfel des Horrors" dar. Auch der Krieg im Jemen und die Katar-Krise sollten Anlass sein, endlich gemeinsam als EU gegenüber Saudi-Arabien aufzutreten. "Wenn wir als gesamte EU Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien stoppen, kann das ein Beitrag zur Beendigung dieser Konflikte sein", sagte Kneissl.

Das Europaparlament in Straßburg hatte am Donnerstag in einer nicht bindenden Resolution die Mitgliedstaaten aufgerufen, sich auf ein gemeinsames Waffenembargo zu einigen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und die Mitgliedstaaten wurden zudem aufgefordert, gezielte Sanktionen wie Visa-Verbote und Kontosperren gegen Saudi-Araber vorzubereiten, sobald Beweise für Verwicklungen in die Tat vorlägen.

Großbritannien und die USA haben bereits Einreisesperren gegen saudi-arabische Staatsbürger im Zusammenhang mit dem Fall Khashoggi verhängt. Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in einem Telefonat mit dem saudischen König Salman am Donnerstag, im Lichte der laufenden Entwicklungen des Falles stehe Deutschland bereit, zusammen mit internationalen Partnern "angemessene Maßnahmen" zu ergreifen.

ÖVP und FPÖ stimmten Entschließung nicht zu

Trotz der Aussagen Kneissls in der "Welt" hatten sich die ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz und die FPÖ, die Kneissl für das Ministeramt nominiert hatte, am Donnerstag einem von der Liste Pilz in den Nationalrat eingebrachten Entschließungsantrag nicht angeschlossen. Darin wurde die Bundesregierung aufgefordert, die Bewilligung für Waffenausfuhren nach Saudi-Arabien komplett zu untersagen (auch jene, die nicht unter das Kriegsmateraliengesetz fallen) und sich für ein gesamteuropäisches Waffenembargo gegen Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate einzusetzen. Nur die beiden übrigen Oppositionsfraktionen - SPÖ und NEOS - unterstützten den Entschließungsantrag, dem so die Mehrheit fehlte. Der außenpolitische Sprecher der SPÖ und designierte Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei der Europawahl, Andreas Schieder, kritisierte Kneissl daher und sah Widersprüche.

Khashoggi war am 2. Oktober im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul getötet worden. Das hat mittlerweile auch Saudi-Arabien eingeräumt. Türkische Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass Kronprinz Mohammed bin Salman den Befehl zur Beseitigung des Regierungskritikers gegeben hat. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan forderte erneut, Saudi-Arabien müsse den Auftraggeber für den Anschlag auf den regierungskritischen Journalisten preisgeben. "Wer hat den Befehl gegeben?", fragte er am Freitag bei einer Veranstaltung seiner AK-Partei. Saudi-Arabien streitet jede Verwicklung des Kronprinzen in den Fall ab.

Unterdessen wurden neue Details zum Ton-Mitschnitt bekannt, der offenbar während Khashoggis Aufenthalt im Istanbuler Konsulat angefertigt wurde. Ein europäischer Sicherheitsexperte sagte Reuters: "Es gab einen Streit zu Beginn, sie beleidigten sich gegenseitig, es entwickelte sich." Die Saudi-Araber seien mit den Worten zu hören: "Erteilen wir ihm eine Lehre." Khashoggi habe nicht den Eindruck gemacht, als rechne er damit, getötet zu werden.

Saudi-Arabiens Rolle am Rüstungsmarkt

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