Der britische Noch-Premier Boris Johnson kopfüber in einer Hecke steckend brachte am Wochenende Schaulustige in Flamstead, etwa 40 Kilometer nördlich von London, zum Lachen. Ein Radler bremste sogar ab, um ein Foto zu machen. „Boris Falls From Grace“ war unter dem Politiker zu lesen, also „Boris fällt in Ungnade“. Nein, es handelte sich nicht um Johnson selbst, sondern um eine kreativ gestaltete Strohpuppe. Das Dorf mit rund 1.100 Einwohnern hatte nämlich zum 18. Flamstead Scarecrow Festival geladen.
Das Vogelscheuchenfest ist hier, wie auch in manchen anderen Orten im Land, Tradition. 2018 zählte es etwa 5.000 Gäste, die die mit viel Liebe und britischem Humor gestalteten Kreationen bewundern kamen. 2020 und 2021 verhinderte Covid das Event; 2019 wurde es abgesagt, als der Mord an einer 71-Jährigen den Ort erschütterte.
85 Vogelscheuchen stellten Bewohner heuer laut Organisatoren in ihren Gärten und in den Straßen auf. Stroh-Versionen von Harry Potter, Minions, Shrek und Mary Poppins kamen bei Jung und Alt gut an. Auch Freddie „Scarecrowy“ Mercury und Queen-Kollege Brian May, umbenannt in Hay, also Heu, ernteten Applaus. Sogar der Queen selbst wurde zu ihrem 70. Thronjubiläum die Stroh-Ehre erwiesen. Das Kabinett der politischen Vogelscheuchen dominierte aber der Populist Boris Johnson, der gleich viermal persifliert wurde. Liz Truss und Rishi Sunak, die um sein Erbe als Tory-Parteichef und Premier kämpfen, waren nicht zu finden.
„Clever“ fanden viele eine Johnson-Scheuche, die den Fahrrad-begeisterten Premier anwies, sich auf seinen Drahtesel zu schwingen. Eine andere hing, wie einst er als Londoner Bürgermeister bei einem Stunt für die Olympischen Spiele 2012, mit Fähnchen in der Hand an einem Drahtseil fest. Das „Hasta la vista, baby“ auf der Brust waren Johnsons Abschiedsworte im Parlament.
Johnsons Rad-Liebe und dessen Kommentare, dass Plastik-Recycling nicht funktioniere, sowie Spekulationen über ein politisches Comeback schien eine weitere Vogelscheuche mit Boris-Maske aufzugreifen. An einer grünen Tonne neben ihr hing die Frage: „Re-cycling? Maybe!!??“
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