Kritik an Ungarns käuflichen Visa

Hungarian Prime Minister Viktor Orban attends a news conference in Budapest, Hungary, July 26, 2016. REUTERS/Lazslo Balogh
300.000 Euro für Aufenthaltstitel: Opposition kritisiert undurchsichtige Vermittlergebühren, vermutet Korruption und äußert Sicherheitsbedenken.

Aufenthaltstitel gegen Geld - in dem sonst so migrationskritischen Ungarn, können Ausländer einen EU-Aufenthaltstitel erwerben, wenn sie dafür ungarische Staatsanleihen im Wert von 300.000 Euro kaufen. Diese Praxis der käuflichen Visa stößt nun auf heftige Kritik der ungarischen Opposition. Die rechtskonservative Regierungspartei Fidesz gefährde damit die nationale Sicherheit. Zudem macht sie führenden Politikern Korruptionsvorwürfe.

Die Antragsteller aus Drittstaaten erhalten bei dem Erwerb günstige Bedingungen für das EU-Bleiberecht und das Schengen-Visum. "Der Aufenthalt in Ungarn ist nicht erforderlich", wird auf einem eigens - vor allem für Chinesen und Vietnamesen - eingerichteten Internetportal (www.immigration-hungary.com) betont. Die Staatsanleihen sollen nach fünf Jahren durch den ungarischen Staat zum Nominalwert zurückgekauft werden.

Undurchsichtige Vermittlergebühren

Viel Kritik von der Opposition erhalten insbesondere die undurchsichtig erscheinenden Vermittlergebühren für dieses Geschäft. Genannt wird die Summe von 60.000 Euro, die der Antragsteller allein für Beratung und Vermittlung an eine Agentur zu zahlen hat.

Das Geschäft mit den Staatsanleihen für Visa-Zwecke wird nämlich nicht direkt zwischen der ungarischen Schuldenagentur (AKK) und den Antragstellern abgewickelt, sondern mittels durch die AKK bestimmter Agenturen, die vorwiegend in Steueroasen wie den Cayman-Inseln aktiv seien, berichtet die deutschsprachige Online-Zeitung "Pester Lloyd". Der Vizechef der Oppositionspartei "Együtt" (Gemeinsam), Levente Papa, sagte im Fernsehsender ATV, von dem Visa-Geschäft profitiere daher nicht in erster Linie der ungarische Staat, sondern Offshore-Firmen im Dunstkreis von Freunden der Regierungspartei.

Korruptionsvorwurf auch gegen Orban

Laut den oppositionellen Sozialisten (MSZP) haben die der Regierung von Viktor Orban nahe stehenden Vermittlungsagenturen durch das Geschäftskonstrukt seit 2013 mehr als 100 Mrd. Forint (rund 320 Mio. Euro) kassiert. Sie werfen Orban, und vor allem seinem Kabinettschef Antal Rogan, vor, persönlich finanziell von diesen Geschäften profitiert zu haben. Die MSZP fordert eine umgehende Prüfung und Veröffentlichung aller Aufenthaltsrechts-Vergaben.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Sicherheit der Bürger. Auch Kriminelle könnten so das Schengen-Visum erhalten, wird gewarnt. "Wir wissen rein gar nichts von den rund 3.500 Ausländern, die bisher für den Kauf ungarischer Staatsanleihen das Niederlassungsrecht in Ungarn und damit das EU-Aufenthaltsrecht erhalten haben", kritisierte Akos Hadhazy, Vizechef der Grünen (LMP). Együtt-Vizechef Papa warnte, das Vorgehen der Regierung erhöhe das Risiko für die nationale Sicherheit. Fidesz mache einerseits Flüchtlinge für die Terroranschläge in Europa verantwortlich, anderseits verkaufe die Partei "unbekannten Menschen uneingeschränkt Niederlassungsgenehmigungen". Er forderte eine gründliche Durchleuchtung der Antragsteller.

Das Innenministerium in Budapest wies in einer Aussendung Vorwürfe von Versäumnissen und mangelnden Kontrollen dagegen als "unbegründet" zurück.

Laut dem Internetportal "24.hu" kommen 85 Prozent der Käufer von Staatsanleihen im Rahmen des Visa-Programms aus China und sieben Prozent aus Russland. Auch reiche Bürger aus den arabischen Ländern sollen zur Zielgruppe gehören.

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