Verhandler: Gegen Trump hilft nur Siegeswillen
Im Moment würde der international renommierte Verhandler Matthias Schranner wohl nichts lieber machen, als mit Donald Trump am Verhandlungstisch sitzen. Auf welcher Seite, wäre dem gebürtigen Münchner egal, erzählt er im Gespräch mit dem KURIER. "Es wäre cool, die einzelnen Player in Trumps Team kennenzulernen, zu sehen, wie sie sich für Verhandlungen taktisch aufstellen, wie ihr internes Briefing aussieht", sagt Schranner. "Und wenn ich gegen ihn verhandeln würde, wäre es spannend, wie er reagiert, wenn ich Druck aufbaue. Das kennt er sicher gut. Das würde uns beiden Spaß machen."
Tough. Das ist der erste Eindruck, den der 53-Jährige hinterlässt. Drahtige Statur, klarer Blick, kantiges Kinn. Der Marathonläufer, verheiratet mit einer Extrembergsteigerin und Vater von vier Kindern, weiß, was er will. Gewinnen. Das hat er mit Donald Trump gemeinsam. Schranner verdient mit seinem Siegeswillen gepaart mit Wissen und Geschick für die richtige Strategie sein Geld.
Keine Angst vor Konflikt
Siegeswillen und keine Angst vor einem Konflikt, das brauche es auch im Umgang mit dem US-Präsidenten. Die herkömmliche Taktik der Diplomatie sei hier fehl am Platz, sagt Schranner. Was dann? "Hey, du willst einen Konflikt mit uns? Gerne! Lass uns reden." Das sollten Verhandlungspartner Trump gelassen kontern, rät der erfahrene Verhandler.
Wer den Konflikt scheut, habe schon verloren, egal, in welche Verhandlungen er zieht. In den USA gelte diese Maxime noch mehr. Denn ein Kompromiss, eine Win-win-Situation für beide, passe nicht zur Kultur – nicht zum amerikanischen Sport, in dem es kein Unentschieden gebe, und schon gar nicht im US-Business. Trump und Schlüsselfiguren in seinem Team sind oder waren erfolgreiche Geschäftsleute, die das verinnerlicht haben.
Wer gegen sie bestehen will, muss auf Konfrontation setzen und siegen wollen, sagt Schranner. Egal, womit Trump sein Gegenüber verunsichern und in die Opferrolle zwingen will: Cool bleiben, klar sagen, was man will, die eigenen Forderungen in den Fokus rücken und reden, reden, reden – und im richtigen Moment schweigen.
Geiselverhandlungen
Der frühere Polizist und Personenschützer beim legendären bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß weiß, wovon er spricht. Schranner war bei der Drogenfahndung und Verhandlungsführer im deutschen Innenministerium. Er hat mit Geiselnehmern, die immer Maximalforderungen stellen, ebenso verhandelt wie mit potenziellen Selbstmördern. Auch hier gibt es keinen Kompromiss: Ein bisschen springen ist kein Angebot. Da geht es um alles – seine Spezialität bis heute.
Er wird geholt, wenn nichts mehr geht – von den Vereinten Nationen ebenso wie den meisten Dax-Unternehmen oder auch "drei Marktführern in Österreich". Welche drei, verrät er nicht. Diskretion ist ein ehernes Gesetz von ihm und seinem Negotiation Institute in Zürich mit 42 Mitarbeitern.
Von Trump und was er wirklich will, wisse man viel zu wenig, sagt Schranner. Es sei an der Zeit, hinzufliegen. Wer das für Europa sein sollte? "Jemand, der schon was geschafft hat, den Trump ernst nimmt. Angela Merkel ist definitiv so jemand. Man muss überlegen, wer da noch infrage kommt. Viele nicht."
Sanktionen gegen USA?
EU-Ratspräsident Donald Tusk jedenfalls nicht, der in einem Brief diese Woche die "beunruhigenden Erklärungen" der US-Führung ähnlich bedrohlich für Europa nannte wie Russlands "aggressive Politik" in der Ukraine oder den radikalen Islam. "Tusk ist damit als Verhandler draußen. Wer ein Ergebnis haben will, darf so etwas nicht sagen. Wer hingegen Recht haben will und sagt, dass der andere falsch liegt, wie Tusk, muss Konsequenzen ziehen – und, wie es die EU bei Russland und Putin gemacht hat, Sanktionen gegen Trump beschließen."
Trump halte sich nicht an die diplomatischen und politischen Gepflogenheiten. "Das ist riskant, weil keiner damit umgehen kann – siehe Tusk. Es birgt aber auch Chancen für neue Wege." Es bleibt abzuwarten, was der US-Präsident macht, wenn er nicht mehr per Dekret allein befehlen kann, was er will. Eines ist aber klar: "Wir Europäer müssen uns an den neuen Stil in Washington gewöhnen und uns auch daran heranwagen."
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