Venezuela in der Krise: Militär mit Sonderrechten

Maduro verlängerte den Ausnahmezustand
Katastrophale Wirtschaftslage und Proteste. Präsident Maduro unter Druck.

Venezuelas Regierung hat angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage und massiver Proteste in der Bevölkerung per Dekret ihre Befugnisse deutlich erweitert. Die neuen Vollmachten, die die Regierung am Montagabend im Amtsblatt verkündete, erstrecken sich neben Sonderrechten für das Militär auf die Rationierung von Lebensmitteln und die Energieversorgung. Sie bleiben zunächst 60 Tage in Kraft und können um weitere 60 Tage verlängert werden.

Der sozialistische Staatschef Nicolas Maduro hatte den Ausnahmezustand für die kriselnde Wirtschaft des südamerikanischen Landes am Freitag um drei Monate verlängert und erklärt, dieser werde zum Schutz des venezolanischen Volkes auf andere Bereiche ausgeweitet. Das nun veröffentlichte Regierungsdekret bedeutet, dass Soldaten die öffentliche Ordnung durchsetzen können und befugt sind, Lebensmittel zu verteilen oder zu verkaufen.

Örtliche Bürgerwehren haben nunmehr das Recht, die Armee und die Polizei "bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung" zu unterstützen. Unternehmer, Firmen und Nichtregierungsorganisationen mit Verbindungen ins Ausland werden verstärkt kontrolliert; ihre Vermögen können eingefroren werden. Der Zugang zu Gütern der Grundversorgung kann unter staatliche Kontrolle gestellt werden, Enteignungen werden ermöglicht.

Stromknappheit

Venezuela durchlebt derzeit eine der schlimmsten Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahrzehnte. Das Land ächzt unter einer dreistelligen Inflationsrate, die Konjunktur befindet sich auf Talfahrt, Verbrauchsgüter und Strom sind knapp. Besonders macht Venezuela, das über die größten bekannten Ölreserven der Welt verfügt, der massive Verfall des Ölpreises sowie eine lang anhaltende Dürreperiode zu schaffen.

Das politische Leben ist durch einen erbitterten Machtkampf zwischen Regierung und Opposition beherrscht. Die rechtsgerichtete Opposition versucht seit Monaten, Maduro über einen Volksentscheid aus dem Amt zu jagen. Die Gegner des Präsidenten sammelten dafür nach eigenen Angaben etwa 1,8 Millionen Unterschriften - rund 200.000 wären ausreichend gewesen. Umfragen zufolge befürworten sieben von zehn Venezolanern ein möglichst rasches Ende von Maduros Amtszeit sowie Neuwahlen.

Die Opposition wirft Maduro vor, mit der Verlängerung des Ausnahmezustands die Pläne für das Referendum zu durchkreuzen. Die Regierung verhalte sich immer autoritärer, "um sich selbst an der Macht zu halten", sagte der Abgeordnete Tomás Guanipa vom Oppositionsbündnis MUD.

Landesweite Proteste

Am Dienstag sollte das Parlament, in dem seit der Wahl im Dezember die konservative Opposition die Mehrheit hat, über die neuen Vollmachten der Regierung beraten. Für Mittwoch kündigte die Opposition erneut landesweite Proteste an, die die neuen Befugnisse der Sicherheitskräfte erstmals auf die Probe stellen dürften. In der vergangenen Woche hatte die Polizei eine Demonstration mit Tränengas aufgelöst.

Die US-Regierung appellierte an die Regierung in Caracas, "friedlich" mit der Opposition zusammenzuarbeiten, um die Krise beizulegen. Es sei an der Zeit, auf die "unterschiedlichen Stimmen" im Land zu hören, sagte der Sprecher von Präsident Barack Obama, Josh Earnest. Die Lebensumstände der Bevölkerung seien mittlerweile "schrecklich".

Kommentare