USA: Wenn der Wahlkampf Pause macht

USA: Wenn der Wahlkampf Pause macht
Witz und Selbstironie statt harter Angriffe – auf einer Wohltätigkeitsgala zeigten Obama und Romney ihre andere Seite.

Gerade einmal 48 Stunden zuvor hatten sich Barack Obama und Mitt Romney in ihrer zweiten TV-Konfrontation gegenseitig befetzt, der Lüge bezichtigt und ausgelacht, doch Donnerstagabend s­aßen sie gemeinsam beim traditionellen Al-Smith-Dinner im Hotel Waldorf Astoria und machten Witze – auch auf eigene Kosten. Nur der Gastgeber, New Yorks Kardinal Timothy D­olan, trennte die beiden Politiker, die einander in Wahrheit nicht riechen können. Doch bei dieser kirchlichen Wohltätigkeitsgala für arme Kinder ließen sie sich das nicht anmerken. Ihre Gag-Schreiber hatten ganze Arbeit geleistet.

Obamas Nickerchen

"Es hat sich herausgestellt, dass Millionen Amerikaner erst die zweite Fernsehdebatte richtig wahrgenommen haben und nicht die erste – und ich war offenbar einer von ihnen", scherzte der Präsident über seine miese Performance im ersten TV-Duell. Sie hatte ihn seinen Umfragevorsprung gekostet.

An dem Tag habe er auch den 20. Hochzeitstag mit Ehefrau Michelle gefeiert und gelernt, "dass es weit Schlimmeres gibt als ein Geschenk für das Jubiläum zu vergessen". Bei der zweiten Diskussion habe er dann viel mehr Energie gehabt, spöttelte Obama über sich selbst, "ich fühlte mich auch viel ausgeruhter nach dem schönen, langen Nickerchen, das ich während der ersten Debatte hielt."

Aber auch der Herausforderer bekam sein Fett ab. In Anspielung auf Romneys völlig verpatzte Europa-Reise sagte Obama, er selbst sei nach seinem Besuch 2008 angegriffen worden, weil er in Übersee so populär war: "Ich bin beeindruckt, wie Gouverneur Romney dieses Problem vermieden hat."

Prominenz beim Spenden-Dinner

Nicht fehlen durfte natürlich ein Hinweis auf das auf 250 Millionen Dollar geschätzte Vermögen des Republikaners: "Ich war heute in einigen Geschäften in Midtown einkaufen", erzählte Obama, Romney hingegen "war einige Geschäfte in Midtown einkaufen."

Aber auch der oft als hölzern und humorlos bezeichnete Republikaner zeigte sich von seiner lockeren Seite. Mit Blick auf die elegante Abendgesellschaft in schwarzem Anzug und weißer Fliege meinte er selbstironisch, im Wahlkampf müsse er sich ständig umziehen, es sei also angenehm, endlich in die Kleidung schlüpfen zu können, "die Ann und ich zu Hause tragen". Er erntete dafür großes Gelächter. Wenn Obama in den Ballsaal schaue, ätzte Romney, werde er sich denken: "So viel zum Umverteilen." Zu seiner Vorbereitung auf die TV-Duelle witzelte der bekennende Mormone, dem sein Glaube Bier, Wein und Schnaps verbietet: "Trinke 65 Jahre vor der Debatte keinen Alkohol."

Medienschelte

Angriffig zeigte sich Romney gegenüber den Medien: "Ich sehe schon die Berichte über das heutige Dinner. Headline: Obama wird von den Katholiken umarmt, Romney speist mit den Reichen." Er habe schon oft erfahren, dass seine Aufgabe und die der Medien höchst unterschiedlich seien: "Mein Job ist es, eine positive Vision für das Land zu zeichnen. Ihr Job ist es, dass das keiner mitbekommt."

Romneys Frau Ann verriet gestern in einem ABC-Interview, sollte ihr Mann am 6. November scheitern, werde er sich aus der Politik zurückziehen: "Er wird nicht noch einmal ins Rennen gehen."

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