USA: "Nordkorea bettelt um Krieg"

Der UN-Sicherheitsrat tagt.
Der UN-Sicherheitsrat berät. Russland und China fordern Mäßigung. USA und Japan für härtere Sanktionen. Schweiz bietet Mittlerdienste an.

Die USA werfen Nordkorea vor, mit ihren fortgesetzten Atom- und Raketentests einen Krieg provozieren zu wollen. Pjöngjangs Machthaber Kim Jong-un "bettelt um Krieg", sagte die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley am Montag bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York. China und Russland riefen dazu auf, trotz neuer Provokationen aus Pjöngjang kühlen Kopf zu bewahren.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un hatte nach Angaben aus Pjöngjang am Sonntag eine Wasserstoffbombe getestet, mit der Interkontinentalraketen bestückt werden sollen. Wasserstoffbomben sind ein Vielfaches stärker als herkömmliche atomare Sprengsätze. Der sechste Atomversuch Nordkoreas seit 2006 löste weltweit Kritik aus.

Chinas UN-Botschafter Liu Jieyi mahnte vor dem UN-Sicherheitsrat in New York eine friedliche Lösung des Konfliktes an, dies müsse im Dialog auf eine Initiative Chinas und Russlands geschehen. "Wir werden niemals Chaos und Krieg auf der koreanischen Halbinsel erlauben." Alle an dem Konflikt beteiligten Seiten müssten einer weiteren Eskalation entgegenwirken. Nordkorea müsse sich dem Willen der internationalen Gemeinschaft stellen. Die Situation verschlechtere sich, "noch während wir hier sprechen", sagte er.

Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja sagte: "Wir müssen unbedingt einen kühlen Kopf bewahren und ein Vorgehen vermeiden, das zu weiteren Spannungen führen kann." Der Konflikt sei militärisch nicht zu lösen. Man dürfe sich nicht von Emotionen übermannen lassen. Der Konflikt habe ein gefährliches Stadium erreicht, sagte Nebensja.

"Unsere Geduld ist nicht grenzenlos"

"Krieg ist nie etwas, was die USA anstreben", sagte US-Botschafterin Haley, "aber die Geduld unseres Landes ist nicht grenzenlos.", Kim wolle, dass Nordkorea als Atommacht anerkannt werde, aber Nuklearmächte würden stets verantwortungsvoll handeln. "Wenn ein Schurkenstaat eine Atombombe hat und mit einer Langstreckenrakete auf Dich zielt, dann nimmt man nicht die Deckung herunter", sagte Haley.

Haleys japanischer Kollege Koro Bessho drängte das höchste Entscheidungsgremium der UN, den "größtmöglichen Druck" auf Nordkorea auszuüben, damit Pjöngjang sein Nuklearprogramm reduziert. Japan befürworte weitere scharfe Sanktionen gegen Nordkorea.

Der britische UN-Botschafter Matthew Rycroft erinnerte daran, dass der Sicherheitsrat bereits mehrfach Sanktionen gegen Pjöngjang verhängt habe, ohne damit ein Einlenken der Nordkoreaner zu erreichen. Selten habe ein Land dem Druck der Vereinten Nationen so beharrlich widerstrebt. Rycroft sprach sich für weitergehende Sanktionen aus, um der Regierung in Pjöngjang die finanziellen Grundlagen ihrer Programme zu entziehen.

Im Atomstreit mit Nordkorea hat der russische Präsident Wladimir Putin zu einer Wiederaufnahme der Verhandlungen aufgerufen. In einem Telefonat mit dem südkoreanischen Staatschef Moon Jae-in sagte Putin, politisch-diplomatische Mittel müssten aktiv genutzt werden.

Europäer bereit für schärfere Sanktionen

Die EU sei bereit, "neue und härtere" Sanktionen des UNO-Sicherheitsrates gegen Nordkorea zu unterstützen, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Montag nach dem neuerlichen Atomwaffentest Nordkoreas. "Wenn uns Frieden wichtig ist, ist jetzt die Zeit, Nordkorea maximal unter ökonomischen und diplomatischen Druck zu setzen", sagte Mogherini beim "Bled Strategic Forum".

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel hat diplomatische Strafmaßnahmen gefordert. Angesichts der "uneinsichtigen und konfrontativen Haltung Nordkoreas" müsse die internationale Gemeinschaft "zügig weitere und verschärfte Sanktionen" beschließen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag nach einem Telefonat der Kanzlerin mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in.

Noch vor Beginn der mit Spannung erwarteten Dringlichkeitssitzung Runde hatten der französische und der britische UN-Botschafter weitere "robuste" Sanktionen gegen das Regime in Pjöngjang gefordert. Auch die Europäische Union sollte mehr Druck auf Nordkorea ausüben und dessen Machthaber Kim Jong-un so an den Verhandlungstisch zurückholen, sagte Frankreichs UN-Botschafter François Delattre zu Journalisten.

Als Vermittler im Nordkorea-Konflikt brachte sich am Montag die Schweiz ins Gespräch. Nach entsprechenden Äußerungen von Bundespräsidentin Doris Leuthard vor ausländischen Journalisten in Bern stellte allerdings das Außenministerium klar, dass Leuthard nur die bekannte Position vorgetragen habe. Die Schweiz erinnere "bei jeder Gelegenheit an ihre Bereitschaft, zu einer diplomatischen Lösung im Zusammenhang mit Nordkorea beizutragen, sie zu unterstützen oder zu ermöglichen". Aktuell habe jedoch keine der betroffenen Seiten um eine Vermittlung oder Schlichtung nachgesucht.

Trump: Verteidigung mit "voller Bandbreite", auch nuklear

Als Reaktion auf den jüngsten Atomtest im Nachbarland startete Südkorea am Montag militärische Übungen mit Raketen unterschiedlicher Reichweiten, die vom Boden und von Kampfjets aus ins Japanische Meer (koreanisch: Ostmeer) abgefeuert wurden. Der Generalstab teilte mit, das simulierte Ziel sei das nordkoreanische Atomtestgelände im Nordosten des Nachbarlandes gewesen.

US-Präsident Donals Trump bekräftigte seine Entschlossenheit, die USA und Verbündete zu verteidigen - "mit der vollen Bandbreite der zur Verfügung stehenden diplomatischen, konventionellen und nuklearen Kapazitäten", wie er nach Angaben des Weißen Hauses in einem Telefongespräch mit Japans Ministerpräsidenten Shinzo Abe sagte.

Zusätzlich erwägten die USA "allen Handel mit Ländern einzustellen, die Geschäfte mit Nordkorea machen", wie er auf Twitter mitteilte. Die wirtschaftlichen Verbindungen zu Nordkorea müssten gekappt werden, sagte Finanzminister Steven Mnuchin dem Sender Fox. Eine Unterbrechung des Handels würde besonders China treffen, über das rund 90 Prozent der nordkoreanischen Ein- und Ausfuhren laufen. Ein derart weitreichender Schritt ist allerdings wenig realistisch, weil er nicht nur der amerikanischen Wirtschaft selbst schaden würde, sondern auch der Weltwirtschaft.

Oktober 2006: Nach Nordkoreas erstem Atomtest im Oktober beschließt der UN-Sicherheitsrat Handelssanktionen und Sperren, die die Einfuhr von Technik für den Bau bestimmter Raketen verhindern sollen. Der Verkauf von Kampffahrzeugen, Flugzeugen, Hubschraubern, Kriegsschiffen und Raketensystemen sowie Luxusgütern wird untersagt.

Mai 2009: Nach einem Atomtest im Mai 2009 verschärft der Rat seine Sanktionen und lässt Flugzeuge oder Schiffe abfangen, die verbotene Waffen oder Atommaterial nach oder aus Nordkorea transportieren. Allerdings dürfen sie nicht gewaltsam gestoppt werden. Finanzdienste, die Pjöngjangs Atom- und Waffenprogramme dienen könnten, werden verboten und Darlehen gekappt.

Jänner 2013: Nach einem Raketenstart im Dezember 2012 lässt der Rat im Jänner weitere Konten einfrieren und verhängt Reisesperren. Auf einen dritten Atomtest im Februar 2013 folgen dann Verbote zu Bankgeschäften und Finanztransfers. Zudem dürfen Staaten Schiffen oder Flugzeugen aus Nordkorea den Zugang verwehren, wenn sie diese verdächtigen, sanktionierte Gegenstände an Bord zu haben.

Jänner 2016: Nach dem vierten Atomtest im Jänner 2016 folgen die bis dahin schärfsten Sanktionen, die ein Verkaufsverbot für Waffen, Flugzeug- und Raketentreibstoff vorsehen sowie für Gegenstände, die dem Militär zugutekommen könnten. Ausnahmen sind Nahrungsmittel und Medikamente. Jegliche Fracht mit Ziel oder Herkunft Nordkorea wird untersucht. Dem Land wird zudem verboten, Schiffe oder Flugzeuge zu chartern.

September 2016: Als Reaktion auf den fünften Atomtest im September 2016 zieht der Rat die Sanktionsschraube noch fester: Unter anderem verbietet er den Export von Kupfer, Nickel, Silber und Zink und erlaubt den Export von Kohle und Eisen nur, sofern er der Existenzsicherung der Nordkoreaner dient. Zudem werden weitere Reiseverbote ausgesprochen und Vermögen eingefroren, etwa die früherer nordkoreanischer Botschafter.

Juni 2017: In der ersten Hälfte des laufenden Jahres hält sich der Rat mit Sanktionen zurück und verurteilt die wiederholten Raketentests Nordkoreas lediglich. Anfang Juni stimmt er dann für Sanktionen gegen zwei staatliche Unternehmen des Landes, die Staatsbank Koryo sowie die Raketenstreitkräfte der nordkoreanischen Armee. Deren Vermögen müssen weltweit eingefroren werden. Dasselbe gilt für 14 Einzelpersonen, die zudem mit Reiseverboten belegt werden.

Juli 2017: Nach dem Test von zwei Interkontinentalraketen innerhalb eines Monats weitet der Rat die Sanktionen deutlich aus und verbietet den Export von Kohle und Eisen ganz. Auch auf Eisenerz, Blei, Bleierz sowie Fisch und Meeresfrüchte werden Ausfuhrverbote verhängt. Der Rat beschließt Reiseverbote gegen neun weitere Einzelpersonen, die an Bank- und Militärgeschäften beteiligt sind. Ihre Vermögen sowie die vier nordkoreanischer Unternehmen, darunter zwei Banken und eine Versicherung, werden eingefroren.

September 2017: Nordkorea testet eine Wasserstoffbombe, die auf eine Interkontinentalrakete geladen werden kann. Die Provokation zieht die Forderung nach weiteren verschärften Sanktionen nach sich.

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