Laut Hersh habe der Auslandsgeheimdienst CIA mit Hilfe norwegischer Sicherheitsbehörden die verdeckte Operation akribisch geplant und durchgeführt, die intern lange Zeit kontrovers diskutiert worden sei. Mit den Vorbereitungen für den Anschlag sei schon Ende 2021 begonnen worden, in einer von Jake Sullivan, dem Nationalen Sicherheitsberater Bidens, geleiteten Arbeitsgruppe.
Das Motiv dahinter: Die USA hätten mit der Zerstörung der Leitungen nach Deutschland verhindern wollen, dass Moskau zusätzliche Milliarden-Einnahmen durch den Export von Erdgas bekommt.
Das Weiße Haus und die CIA dementierten den von Hersh auf dem Blog-Portal substack veröffentlichten Bericht als „völlig falsch und eine vollkommene Erfindung“. Auch die Regierung in Oslo wies Hershs Darstellung zurück. Die Bundesregierung in Berlin hat bisher keine Stellungnahme abgegeben.
Hersh beruft sich auf eine einzige, anonyme Quelle „mit direkten Kenntnissen über die operative Planung“. Bei ähnlicher Vorgehensweise unterliefen dem in Washington lebenden Journalisten, der lange für die New York Times und den New Yorker schrieb, zuletzt Fehler. Sie brachten ihm den Vorwurf ein, unseriös zu sein und Verschwörungstheorien auf den Leim zu gehen.
Auf telefonische Anfrage des KURIER lehnte Seymour Hersh am Mittwochabend ein Interview ab. „Ich habe drei Monate an der Geschichte gearbeitet. Journalisten können sie glauben oder nicht.“
Dagegen fordert die Regierung in Moskau eine internationale Untersuchung. Kreml-Sprecher Peskow erklärte, die Recherche Hershs verdiene mehr Aufmerksamkeit. Russland hatte bereits kurz nach der Pipeline-Explosion die USA verantwortlich gemacht.
Im deutschen Bundestag hat die AfD den bisher von keiner großen US-Zeitung aufgegriffenen Hersh-Bericht zum Anlass genommen, einen Untersuchungsausschuss zu fordern. Zu klären sei, ob „die Führungsmacht der NATO in europäischen Gewässern einen Anschlag auf lebenswichtige kritische Infrastruktur unseres Landes verübt“ hat, sagte Fraktionsvorsitzender Tino Chrupalla. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, müssten sämtliche US-Truppen Deutschland verlassen.
Bei der Linken machte sich unter anderem Sarah Wagenknecht den umstrittenen Wahrheitsgehalt der Enthüllung zu eigen. „Während die Bundesregierung die transatlantische Freundschaft beschwört und den USA kritiklos folgt, sorgt die US-Regierung für die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines“, twitterte Wagenknecht.
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