Epstein-Skandal: Warum Trump jetzt seine Justizministerin opfern könnte

US-Präsident Donald Trump und Justizministerin Pam Bondi
Die berufserfahrene Pam Jo Bondi (59), die zwei Amtszeiten lang Floridas Generalstaatsanwältin war, und den Präsidenten seit Jahren kennt und schätzt, sollte ihm überall als eine Art beamtete Privat-Anwältin geräuschlos den Rücken freihalten und seine Feinde mit dem langen Arm des „Departement of Justice” am Schlafittchen packen, wo es alte Rechnungen zu begleichen galt.
Das war der Plan, als Bondi im Februar den Amtseid ablegte und gleich loslegte, um Staatsanwälte, Ermittler und Richter zu behelligen, die Trump während seiner ersten Präsidentschaft und danach quer gekommen waren.
Heute ist alles anders.
Heute ist die Frau aus Tampa, die es nach zwei Ehen und lukrativen Berater-Tätigkeiten zu einem Millionen-Vermögen gebracht hat samt gediegenem Fuhrpark mit Flitzern wie einem Lamborghini Urus und einem Ferrari 488 Spider ein Klotz am Bein ihres Bosses. Auslöser: Ihre Handhabung des Skandals um den Sexualverbrecher Jeffrey Epstein, der vor über 20 Jahren ein Freund Trumps war.
Eine ganze Serie von Fehlern
Anstatt die Pfeile, die seit fast vier Wochen Trump gelten, auf sich zu ziehen, hat die bald 60-Jährige das politisch treibsandige Fundament, auf dem sich der Präsident bewegt, durch viele Fehler noch gefährlicher gemacht. Und dazu beigetragen, dass Trump in Teilen seiner MAGA-Anhängerschar einigermaßen unten durch ist.
Das kam so und ist immer noch einigermaßen unerklärlich: Im Februar ging Bondi zu Fox News ins Studio und elektrisierte Millionen MAGA-Fans mit einer prahlerischen Bemerkung. Die seit Jahren diskutierte „Kundenliste” Epsteins, das Verzeichnis des Schreckens derer, die sich von dem schwerreichen Finanzverwalter über seine Partnerin/Zuhälterin Ghislaine Maxwell junge, teils minderjährige Mädchen zuführen ließ, „liegt auf meinem Schreibtisch” und werde nach der Auswertung veröffentlicht. Bondi wörtlich: „Die Amerikaner haben ein Recht darauf!“
Bei Verschwörungstheoretikern, die sinistre, linke Eliten am Werk sehen, setzte Euphorie ein. Endlich!
Ministerin legte eine Rolle rückwärts ein
Umso größer war die Empörung, als besagte Bondi Anfang Juli eine Rolle rückwärts hinlegte. Sie bestritt die Existenz einer „client list” auf einmal und gab das Signal, dass ihr Haus den Fall des 2019 im Gefängnis gestorbenen Sexualstraftäters Epstein zu den Akten legt. Schlussstrich. Basta.
Wie bitte? Hatte Bondi nicht im Frühjahr renommierte rechtslastige Trump-Fans aus den sozialen Medien mit weißen Ordnern versorgt, auf denen die Aufschrift „The Epstein Files: Phase 1“ prangte? Womit klar war, dass nach behutsamer Durchsicht der Akten (um die annähernd 1000 jungen Frauen zu schützen, die in Epsteins Beute-Schema geraten waren) weitere 100.000 Seiten aus dem 300 Gigabyte umfassenden Eptsein-Daten-Pool an die Öffentlichkeit gelangen sollten.

Alles Makulatur. Die Kluft zwischen den von Bondi geweckten Erwartungen und der plötzlichen Selbstverzwergung einer der weltweit mächtigsten Justizbehörden könnte größer nicht sein.
Sollte Bondi darauf gewettet haben, dass sich die Wutwelle über die nur oberflächlich aufgeklärte Beziehung von Trump und Epstein von selbst regeln wird, liegt ein Fall von miserablem Urteilsvermögen vor.
Seither vermuten Trump-Fans nur noch Verrat und Vertuschung und fordern völlige Akten-Freigabe sowie den Rauswurf Bondis. Sie aber hält bisher dagegen und sagt, sie gehe davon aus, bis zum Ende der Amtszeit des Präsidenten Ende 2028 an seiner Seite zu sein. Trump bescheinigt ihr, sichtlich gequält, einen „tollen Job” zu machen; vielleicht weil sie ihm nach dem Sondereinsatz von 1000 Akten wälzenden FBI-Agenten bereits im Mai informell steckte, dass sein Name in den Ermittlungsakten Epsteins auftaucht. Und zwar mehrfach.
So etwas vergisst Trump nicht
Die wechselseitige Wertschätzung geht auf eine bezeichnende Episode zurück. Generalstaatsanwälte verschiedener Bundesstaaten wollten 2013 der „Trump University” den Stöpsel ziehen. Das mittelprächtige Immobilienseminar stand im Verdacht, mit betrügerischen Behauptungen Kasse zu machen. Als Trump an ein Komitee für Bondis Wiederwahl 25.000 Dollar spendete, verzichtete die damalige Justizministerin Floridas darauf, der Klage gegen die pseudo-universitäre Räuberpistole beizutreten.
Trump vergisst so was nicht. Aber der Druck auf ihn wird mit jedem hässlichen Detail aus dem Trump-Epstein-Sumpf größer. In seinem Umfeld hört man in den vergangenen Tagen häufiger: „Wenn Donald Trump Epstein hinter sich lassen will, muss er seine Justizministerin hinter sich lassen.”
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