Ghislaine Maxwell: Epsteins Gehilfin hofft auf Begnadigung durch Trump

FILE PHOTO: Audrey Strauss, Acting United States Attorney for the Southern District of New York announces charges against Ghislaine Maxwel in New York
In fast zehn Verhörstunden durch Vize-Justizminister Blanche soll die Strafgefangene Ghislaine Maxwell 100 Namen genannt haben.

Verdient eine wegen langjährigen Sex-Handels mit Minderjährigen zu 20 Jahren Haft rechtskräftig verurteilte Kriminelle Strafverkürzung oder gar Begnadigung? Die überwältigende Antwort der Amerikaner wäre nach Lage der Dinge im Skandal-Fall um Jeffrey Epstein, in den auch Donald Trump verwickelt ist, aller Wahrscheinlichkeit nach: Nein. 

Dass der US-Präsident zuletzt der Frage vielsagend auswich, ob er im Fall Ghislaine Maxwell, der Ex-„Zuhälterin“ seines ehemaligen Freundes Epstein, an derlei Vergünstigungen denkt, gibt der Epstein-Saga nicht nur in den sozialen Medien neue Nahrung. 

Fast einhelliger Tenor dort: Sollte die britische Milliardärstochter in den Vernehmungen durch Vizejustizminister Todd Blanche Aussagen gemacht haben, die Trump von dem Verdacht befreien, mit dem von Epstein praktizierten sexuellen Missbrauch minderjähriger Frauen etwas zu tun gehabt zu haben, werde der Präsident die 63-Jährige, die seit 2022 wegen Beihilfe in einem Bundesgefängnis in Tallahassee/Florida einsitzt, wohl vor Ablauf seiner Amtszeit im Januar 2029 mit Haftverschonung belohnen. Trump behauptet, er habe sich darüber „noch keine Gedanken“ gemacht, sei jedoch befugt, ein „Pardon“ zu gewähren.

Über rund 100 Personen soll Maxwell Auskunft gegeben haben

Nach seiner Schottland-Reise wird Trump von Blanche, seinem früheren Privatanwalt, der Trump im Prozess um Zahlungen an den Porno-Star Stormy Daniels vertreten hatte, in dieser Woche darüber ins Bild gesetzt, was Maxwell in fast zehn Stunden langen Gesprächen berichtet hat. Die Öffentlichkeit soll zu einem „geeigneten Zeitpunkt“ informiert werden. Maxwells Anwalt David Oscar Markus erklärte, seine Mandantin sei „zu allem befragt worden, was man sich nur vorstellen kann – wirklich allem“.

Details? Geheim. Aber einzelne Medien wurden mit Vorabs gespickt. So erklärte die New York Sun, dass Maxwell über rund „100 verschiedene Personen“ Auskunft gegeben habe, die mit Epstein bis zu dessen Tod in einer New Yorker Gefängniszelle 2019 in Verbindung standen. Die britische Daily Mail ergänzte das schlagzeilenträchtige Detail, dass auch Elon Musk und dessen Bruder Kimbal Erwähnung gefunden hätten – und schob hinterher: Namensnennung sei nicht gleichbedeutend mit straffälligem Verhalten.

Musk hatte zuletzt schwere Geschütze aufgefahren, die bis heute an der Wählerbasis des Präsidenten nachklingen: Danach würden die Epstein-Akten der Regierung deshalb unter der Decke gehalten, weil Trump darin mehrfach erwähnt werde. Das ist Trump durch Justizministerin Pam Bondi bereits im Mai bestätigt worden, berichtete das Wall Street Journal. In welchen konkreten Zusammenhängen Trump, der von 1988 bis 2004 eng mit Epstein befreundet war und dessen Leidenschaft für junge Frauen teilte, in den Dokumenten auftaucht, ist nach wie vor unbekannt.

Maxwells Anwalt betonte, die Britin habe gegenüber Blanche „jede einzelne Frage“ beantwortet, ohne sich auf das Recht der Aussageverweigerung zu berufen. Markus wiederholte Trumps Aussage zum Begnadigungsrecht, nannte ihn den „ultimativen Dealmaker“ und schloss mit der Bemerkung: „Wir hoffen, dass er diese Befugnis auf richtige und gerechte Weise ausübt.“ Interessant: Maxwell wurde vor der Vernehmung „begrenzte Immunität“ gewährt. Was bedeutet: Keine Aussage kann im späteren Verlauf gegen sie verwendet werden – es sei denn, sie lügt.

Ungewöhliches Interview

Aber wie vertrauenswürdig darf man eine Frau einstufen, der das Gericht 2021 bei ihrer Verurteilung nachwies, dass sie selbst unter Eid ganz nach Belieben die Unwahrheit sagt? Und für wie unbestechlich darf man ein Gespräch halten, dass der frühere Privatverteidiger Trumps nur im Beisein der Maxwell-Anwälte geführt hat – ohne parlamentarische Kontrolle durch Kongressabgeordnete oder unabhängige Dritte?

Kritiker des in Stil und Form höchst ungewöhnlichen Interviews mit einer prominenten Strafgefangenen halten die Intervention des Justizministeriums für eine „grobe Pflichtverletzung“ sowie eine „Mischung aus Ablenkungsmanöver und versuchtem Befreiungsschlag“, weil der Druck von Trumps Wählerbasis nicht nachlässt. Dort wird mit unverminderter Vehemenz die komplette Herausgabe der Epstein-Akten verlangt. Letzteres hatten Trump und Justizministerin Bondi mehrfach in Aussicht gestellt. 

"Kundenliste"

Vor allem sollte eine ominöse „Kundenliste“ von Prominenten transparent werden, die von dem Sex-Handel profitiert haben sollen, den Epstein mit zuhälterischer Hilfe Maxwells aufgezogen hatte. Anfang Juli hieß es dann plötzlich: Kommando zurück. Es gebe gar keine Liste. Wie auch keine Ermittlungen gegen Dritte. Und keine neuen Informationen aus der Epstein-Akte. Wie geht es nach der Maxwell-Vernehmung weiter? Alles offen. 

Erste Hinweise wird das offizielle Bulletin von Vize-Justizminister Todd Blanche geben. Zeitpunkt: ungewiss. US-Analysten gehen davon, dass die Gefangene Trump ent- und andere Promis belastet hat. Damit könnte der Präsident sein Justizministerium „arbeiten lassen“ und mit strafrechtlichen Konsequenzen drohen, um aufgebrachte Wähler zu besänftigen und das seit drei Wochen innenpolitisch dominierende Thema aus den Schlagzeilen zu drängen. Unterdessen wird Ghislaine Maxwell aus Sicherheitsgründen voraussichtlich bald aus dem Bundesgefängnis Tallahassee in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt. Sie erhält – wie auch andere Beteiligte an dem Fall – laut den Ermittlern Morddrohungen

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