"Inakzeptabel": USA blockieren erneut Gaza-Resolution

Zusammenfassung
- Die USA blockieren im UNO-Sicherheitsrat erneut eine Gaza-Resolution zur Verbesserung der humanitären Lage und stehen damit international isoliert.
- Die israelische Armee setzt ihre Bodenoffensive in Gaza fort, während die Hamas mit Gewalt gegen Geiseln und Soldaten droht und massive Evakuierungen stattfinden.
- Frankreich und andere Staaten erhöhen den Druck auf Israel, während Präsident Macron vor einem Reputationsverlust Israels wegen der vielen zivilen Opfer warnt.
Die USA haben erneut eine Resolution zur Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen mit einem Veto im UNO-Sicherheitsrat verhindert. Die Vereinigten Staaten stimmten im mächtigsten UNO-Gremium in New York als einziges Land gegen die Beschlussvorlage der zehn nicht-Ständigen Mitglieder - bei 14 Ja-Stimmen. Unterdessen drohte die Terrororganisation Hamas der israelischen Armee und betonte, keine Rücksicht auf die Geiseln nehmen zu wollen.
Der Resolutionstext drückte tiefe Besorgnis über die Hungersnot in Gaza aus und forderte die israelische Regierung auf, "alle Beschränkungen für die Einfuhr humanitärer Hilfe nach Gaza unverzüglich und bedingungslos aufzuheben". Es handelte sich laut Vereinten Nationen um das zehntausendste Treffen des Sicherheitsrates im 80. Jahr seines Bestehens.
US-Vertreterin Morgan Ortagus begründete das Veto Washingtons damit, dass die Resolution die Terrorgruppe Hamas unterstützt hätte. Deswegen sei der Text "inakzeptabel". Die USA sind der engste Verbündete Israels, die Regierung von Präsident Donald Trump steht trotz wachsender Kritik wegen der Kriegsführung im Gazastreifen unverbrüchlich an der Seite des jüdischen Staates.
Druck auf Israel gewachsen
Die nun gescheiterte Beschlussvorlage drückte zudem die Ablehnung jeglichen Versuchs aus, "demografische oder territoriale Veränderungen im Gazastreifen herbeizuführen" und forderte einen bedingungslosen Waffenstillstand sowie die Freilassung aller durch die Hamas und andere Gruppen festgehaltene Geiseln.
Der Druck auf Israel war zuletzt gewachsen und dürfte vor der Generaldebatte der UNO-Vollversammlung noch weiter zunehmen: Am Montag wollen eine Reihe von Ländern - darunter Frankreich - bei einer Konferenz zur Zwei-Staaten-Lösung in New York Palästina als Staat anerkennen.
Hamas: "Gaza wird ein Friedhof für eure Soldaten sein"
Die Hamas richtete drohende Worte an die israelische Armee und ließ wissen, dass sie in der Stadt Gaza "Tausende Hinterhalte und Sprengsätze vorbereitet" habe. "Gaza wird ein Friedhof für eure Soldaten sein." Zudem habe man die aus Israel entführten Geiseln auf mehrere Viertel der Stadt verteilt. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Die trotz aller Warnungen von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu befohlene Militäroffensive werde zur Folge haben, dass keine der Geiseln nach Israel zurückkehre, hieß es weiter. Man werde keine Rücksicht auf das Leben der Verschleppten nehmen, "solange Netanjahu beschließt, sie zu töten", teilte der militärische Arm der Hamas, die Kassam-Brigaden, mit.
Israel hatte in der Nacht auf Dienstag eine höchst umstrittene Bodenoffensive in der Stadt begonnen. Ziel ist es laut Regierungsangaben, dort eine der letzten Hochburgen der Hamas zu zerschlagen und die Freilassung der Geiseln zu erzielen. Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln. Nach israelischen Informationen dürften 20 von ihnen noch leben, bei den anderen geht es um die Übergabe ihrer sterblichen Überreste. Die Angehörigen der Geiseln werfen Israels Regierung vor, mit der Offensive das Leben derjenigen zu riskieren, die noch immer in der Gewalt der Islamisten sind.
Armee: Knapp die Hälfte der Bewohner hat Stadt Gaza verlassen
Seit Beginn der Bodenoffensive in der Stadt habe man mehr als 1.200 Ziele angegriffen, teilte der israelische Armeesprecher Effie Defrin mit. Inzwischen hätten schätzungsweise mehr als 450.000 palästinensische Bewohner die Stadt verlassen. Trotz der Kämpfe und der "Versuche der Hamas, die Evakuierung der Zivilbevölkerung gewaltsam zu verhindern", ermögliche die Armee der Bevölkerung die Flucht aus der Stadt, erklärte der Armeesprecher. Die Menschen sollen sich in eine sogenannte humanitäre Zone im Süden begeben.
Auch die Angaben des Armeesprechers ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Vor der Offensive hatten sich rund eine Million Menschen in der Stadt Gaza aufgehalten. Inzwischen rücken die israelischen Truppen dort weiter zum Stadtzentrum vor, wie Defrin erklärte. Zwei Divisionen seien im Einsatz, eine weitere werde voraussichtlich in den kommenden Tagen dazustoßen. Eine Division besteht in der Regel aus 10.000 bis 15.000 Soldatinnen und Soldaten.
Man stelle sich auf einen "komplexen Häuserkampf" ein, erklärte die Armee. Im Süden des abgeriegelten Küstenstreifens sei eine weitere Division nach wie vor im Einsatz. "Unsere Einheiten greifen weiterhin terroristische Infrastruktur und Hamas-Kämpfer über und unter der Erde an", sagte Defrin.
Israelische Soldaten bei Anschlägen getötet
Vier israelische Soldaten wurden dort im Raum Rafah durch eine am Straßenrand platzierte Bombe getötet und drei weitere verletzt, wie die Armee mitteilte. Obwohl die Hamas in Rafah infolge schwerer israelischer Bombardierungen und Kämpfe weitgehend besiegt und ihre Infrastruktur zerstört sei, gehe die israelische Armee davon aus, dass sich dort noch mehrere Dutzend Kämpfer der Hamas befinden, schrieb die "Times of Israel".
Zwei weitere israelische Soldaten wurden am Donnerstag bei einem Anschlag an einem von Israel kontrollierten Grenzübergang zwischen Jordanien und dem Westjordanland getötet. Nach Armeeangaben war der mutmaßliche Täter mit einem Lastwagen angekommen, mit dem humanitäre Hilfsgüter in den Gazastreifen transportiert werden sollten. Der Jordanier habe auf seine Opfer eingestochen, meldete unter anderem die "Times of Israel" unter Berufung auf Ermittler. Sicherheitskräfte hätten den Täter "ausgeschaltet" - was in der Regel bedeutet, dass der Mann getötet wurde.
Jordanien leitete Untersuchungen zu dem Vorfall ein. Israels Armeechef Eyal Zamir riet der politischen Führung Armeeangaben zufolge, vorerst keine Hilfslieferungen für den Gazastreifen über den Landweg aus Jordanien mehr zuzulassen.
Der Krieg in dem abgeriegelten Küstengebiet hatte mit dem Überfall der Hamas und weiterer islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023 begonnen. Dabei wurden rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 in den Gazastreifen verschleppt. Im Zuge des dadurch ausgelösten Gaza-Kriegs wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums rund 65.000 Palästinenser in dem Küstengebiet getötet, darunter zahlreiche Frauen und Kinder.
Macron: Israel zerstört seinen Ruf
Der französische Präsident Emmanuel Macron warnte indes vor einem Reputationsverlust Israels wegen des militärischen Vorgehens des Landes und der vielen zivilen Opfer im Gazastreifen. "Sie zerstören vollständig das Ansehen und die Glaubwürdigkeit Israels, nicht nur in der Region, sondern in der öffentlichen Meinung überall", sagte Macron dem israelischen Sender Channel 12. Die Hamas müsse zerstört werden, militärische Kriegsführung reiche dafür aber nicht aus.
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