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Wohin Trump die "Gestörten" deportiert

US-POLITICS-DIPLOMACY-MIGRATION
Trumps Leute schieben nun auch in die gefährlichsten Länder der Welt ab, etwa den Südsudan. Treffen kann es jeden Straftäter – und mit 57 weiteren Ländern wird verhandelt.

Die Wortwahl war wohl kein Zufall. Am amerikanischen Unabhängigkeitstag würden die „Sickos“, also die „Gestörten“, im Südsudan sein, versprach Tricia McLaughlin, Sprecherin des Heimatschutzministeriums zuletzt. Sie und die Beamten der US-Behörden hielten Wort: Am Dienstag landete der Flieger in Juba, der Hauptstadt Südsudans; darin acht Männer in Handschellen und Fußfesseln. Sie alle sind verurteilte Straftäter, keiner hat einen US-Pass. Aber nur einer von ihnen ist gebürtiger Südsudanese. Der Rest stammt aus Vietnam, Kuba, Laos oder Mexiko – und hat das Land zuvor noch nie betreten.

„Migranten-Invasion“

Offiziell warnt das US-Außenministerium vor Reisen in den Südsudan, im März wurden sogar Beamte abgezogen. Das Land hatte sich 2011 nach Jahren des Kriegs und Hunderttausenden Toten für vom Sudan unabhängig erklärt; Friede herrscht dort jedoch nicht. Milizen kämpfen täglich, der Staat steht an der Schwelle zu einem Bürgerkrieg. Laut Risk Map ist das jüngste Land der Welt damit auch eines der gefährlichsten.

US-Präsident Donald Trump dürfte das nicht nur egal sein, es scheint ihm sogar willkommen. Im Wahlkampf hatte er versprochen, die „Invasion“ ausländischer Straftäter zu beenden und Leute abzuschieben, komme was wolle – auch in Staaten, mit denen sie nie etwas am Hut hatten. Der Südsudan ist der perfekte Ort dafür: Die Regierung ist instabil und willig, Washington entgegenzukommen; der Staat steht auf der Liste jener Länder, für die Trump Einreiseverbote verhängt hat, das Stigma will man loswerden.

Was die Regierung in Juba dafür bekommt, haben die Behörden jedoch nicht veröffentlicht. Ebenso wenig weiß man, was mit den acht Männern nach der Landung passiert ist. Im Vorfeld waren die Behörden weniger schweigsam: Als Gerichte den ersten Versuch stoppten, einen Flieger Richtung Südsudan zu schicken – die Richterin begründete das mit „drohender Folter oder Tod“ –, präsentierte die Regierung in einer Pressekonferenz Fotos der Männer und zählte ihre Verbrechen auf; darunter Mord, Drogenhandel oder Kindesmissbrauch. Ihre Strafen, eruierten Medien, hatten die Täter allerdings fast alle abgesessen, und in einen Abschiebeflieger setzten die Behörden sie dennoch. Der flog allerdings nach Dschibuti, wo die Deportierten wochenlang angekettet in einem Schiffscontainer saßen.

Großes Interesse

Es ist nicht das erste Mal, dass Trumps Menschen in Länder schicken, die die Deportierten zuvor nie betreten haben. Im Frühjahr brachte man unter Mediengetöse 200 Venezolaner in ein Hochsicherheitsgefängnis in El Salvador; Präsident Nayib Bukele, der dort autoritär herrscht, bekam dafür fünf Millionen Dollar.

Diesem Beispiel wollen nun nicht wenige Staaten folgen. Derzeit verhandelt die Regierung mit 57 Staaten weltweit, die Migranten aus den USA aufnehmen sollen; sieben davon – darunter auch der Kosovo – hätten bereits einen Deal unterschrieben, so die New York Times. Angekommen sind dort aber keine Straftäter, sondern Migranten ohne kriminelle Vorgeschichte – und das nicht freiwillig.

Möglich gemacht hat das ein Entscheid des US-Supreme Courts vor etwa zwei Wochen. Darin erlaubten die zum Großteil konservativen Richter der Regierung, Personen auch in Drittländer abzuschieben, die keinen Konnex zu den Abgeschobenen haben.

In Europa scheitert diese Idee seit geraumer Zeit eben an den Gesetzen: Großbritannien hatte 2022 unter Tory-Premier Rishi Sunak ein derartiges Agreement mit Ruanda unterschrieben, das dann vom Obersten Gericht kassiert wurde; das Land sei nicht sicher genug, entschieden die Richter. Ähnlich ergeht es der Regierung Giorgia Melonis in Italien, die seit Langem einen Deal mit Albanien hat. Auch ihr kommen seit jeher Juristen in die Quere.

Auch in Brüssel denkt man darüber nach, die EU-Rechtslage in puncto Abschiebungen in Drittstaaten aufzuweichen. Dänemark, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, ist dabei an vorderster Front dabei. Im eigenen Land hat man das „Migranten-Outsourcing“, wie die sozialdemokratische Regierung es nannte, aber bisher nicht geschafft. Ein Deal mit Ruanda scheiterte nicht an den Gerichten, sondern am landesinternen Widerstand.

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