USA: Hartes Rennen um den Kongress
Alle Augen sind morgen auf das Duell Hillary Clinton – Donald Trump gerichtet. Nicht ganz. Der zweite Schauplatz am Großtag der US-Demokratie zieht immer mehr Aufmerksamkeit auf sich: der Kongress, das Parlament.
Ganz gleich, wie der künftige Präsident heißt: Sein/Ihr Handlungsspielraum hängt vom Ausgang der Wahlen zu Senat und Repräsentantenhaus ab. Nur dort entsteht Gesetzeskraft. Nur dort erhalten Richter, Generäle und Kabinettsmitglieder grünes Licht. Nur dort wird über den Staatshaushalt entschieden. Viele Ideen, die im Oval Office geboren werden, erleiden hier regelmäßig einen schnellen Tod. Der amtierende Amtsinhaber Barack Obama hat es seit zwei Jahren mit einer auf Fundamental-Opposition gebürsteten Mehrheit der Konservativen zu tun. In beiden Häusern.
Sollte die Demokratin Clinton das Weiße Haus gewinnen und bliebe auf Capitol Hill alles beim Alten, wäre Stillstand programmiert. Hochrangige Republikaner haben angekündigt, Clintons Regierungspolitik von Stunde Null an zu sabotieren. Ob ihnen das gelingt, ist partiell fraglich. Mindestens eine Parlamentskammer, der Senat, in dem jeder Bundesstaat unabhängig von Größe und Bevölkerungszahl zwei Vertreter stellt, könnte nach stabilen Umfragen an die Demokraten fallen. Fünf Sitze plus reichten schon aus.
Im Moment stehen dort 54 Republikaner 44 Demokraten gegenüber. Die beiden parteilosen Senatoren, Bernie Sanders (Vermont) und Angus King (Maine) stimmen in der Regel mit den Demokraten. Um die Oberhand zu behalten, reichen 50 Sitze. Vorausgesetzt, die Partei hält gleichzeitig auch das Weiße Haus. In Patt-Situationen ist der Vize-Präsident im Senat das Zünglein an der Waage.
Folgt man dem "Cook Political Report", eine Art Bibel für alles, was den Kongress angeht, sind bis zu sieben republikanische Sitze wackelig. Würden sie fallen, wäre eine zentrale Weichenstellung absehbar. Mit Hilfe ihrer Parteikollegen würde Clinton die seit Frühjahr offene Stelle am Obersten Gerichtshof besetzen. An die Stelle des Patts, das dort bei vier "linken" und vier "rechten" Richtern herrscht, würde voraussichtlich eine liberale Mehrheit treten.Deren Durchschlagskraft wäre allerdings begrenzt, solange die Republikaner im Repräsentantenhaus weiter die Zügel in der Hand halten.
Im "House", wo alle 435 Posten neu gewählt werden, verfügt die "Grand Old Party" mit 246 Sitzen über eine komfortable Mehrheit. Die Demokraten kommen auf 186 Abgeordnete. Drei Mandate sind nach Rücktritten und einem Todesfall frei.Für einen Wachwechsel müssten die Demokraten 30 Sitze erobern. Derzeit stehen aber nur 20 Wahlkreise auf der Kippe, hat der "Cook Report" errechnet. Die Demokraten müssten also noch ein Drittel mehr erringen. Was angesichts der aus europäischer Sicht ruchlosen Art der Wahlkreis-Konfiguration schwer wird. Die Methode heißt "gerrymandering". Sie gestattet es Republikanern wie Demokraten, sich ihre Wähler de facto selbst auszusuchen.
Unter Missachtung geografischer oder rationaler Gegebenheiten werden Wahlbezirke solange zurechtgeschnitten, bis qua Bevölkerung und politischer Orientierung bereits vor der Wahl so gut wie feststeht, welche Partei gewinnt. Ergebnis: Laut Magazin Politico sind 177 und 201 republikanische Mandate bereits bombensicher. Um den Rest wird mit harten Bandagen und viel Geld gekämpft.
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