Marihuana, Todesstrafe: Worüber die Amerikaner sonst noch abstimmen

Eine ganze Reihe von Gesetzesvorlagen aus der Bevölkerung steht heute zur Abstimmung.

Heute stehen in den Vereinigten Staaten nicht nur das Präsdentenamt, ein Drittel der Senatssitze und alle 435 Sitze im Repräsantantenhaus zur Wahl. In einigen Bundesstaaten stimmen die Bürger auch über eine ganze Reihe von Gesetzesinitiativen ab, sogenannten „Ballot Measures“. Es sind Gesetzesvorschläge, die über die das Wahlvolk direkt entscheidet. In einigen Staaten ist es auch möglich, dass Bürgerinitiativen Gesetzesvorschläge selbst zur Wahl stellen, wenn zuvor ausreichend Unterschriften gesammelt wurden. Auf diese Weise haben es zum Beispiel Marihuana-Aktivisten geschafft, dass Marihuana-Konsum in den Bundesstaaten Colorado und Washington komplett legalisiert wurde.

Aber nicht nur weiche Drogen, mitunter auch große Reformen in der Geschichte der Vereinigten Staaten wurden auf den Weg gebracht, weil Gesetzesvorschläge an den Staatsparlamenten vorbei direkt den Wählern zu Abstimmung vorgelegt wurden. Prominentes Beispiel ist das Frauenwahlrecht, das auf diese Weise in Colorado (1893) und Idaho (1896) eingeführt wurde.

Auch dieses Jahr stehen wieder einige bemerkenswerte "Ballot Measures" zur Wahl.

Marihuana, Todesstrafe: Worüber die Amerikaner sonst noch abstimmen
epa03462085 (FILE) A file photo dated 06 August 2011 shows a demonstrator dressed as a hemp leaf taking part in the hemp parade in Berlin, Germany. Reports on 07 November 2012 state that Colorado and Washington became the first US states to legalize cannabis for recreational use, while medical marijuana initiatives were on the ballot in Massachusetts, Montana and Arkansas. EPA/JOERG CARSTENSEN *** Local Caption *** 02857056

Marihuana-Legalisierung

Vor vier Jahren erteilten die Kalifornier der Legalisierung von Marihuana an der Wahlurne noch eine Absage. Heute könnte es aber soweit sein: Der Gesetzesvorschlag „Proposition 64“ würde Marihuana vollends legalisieren. Bisher war nur der medizinische Gebrauch der Droge freigegeben. Aber nicht nur in Kalifornien, auch in Arizona, Maine, Massachusetts, und Nevada werden Bürger nicht nur über den künftigen Präsidenten oder Präsidentin, sondern auch über die Legalisierung abstimmen.

Laut der jüngsten Umfrage sprechen sich 58 Prozent der Kalifornier dafür aus, die Chancen für den Vorschlag stehen also gut, dass der Kalifornien nach Colorado und Washington der dritte Bundesstaat wird, in dem Marihuana legal ist. In Arizona liegt das Legalisierungs-Lager laut jüngster Umfrage um einen Prozentpunkt vorne.

Marihuana, Todesstrafe: Worüber die Amerikaner sonst noch abstimmen
SAN QUENTIN, CA - AUGUST 15: An armed California Department of Corrections and Rehabilitation (CDCR) officer escorts a condemned inamte at San Quentin State Prison's death row on August 15, 2016 in San Quentin, California. San Quentin State Prison opened in 1852 and is California's oldest penitentiary. The facility houses the state's only death row for men that currently has 700 condemned inmates. Justin Sullivan/Getty Images/AFP ++ KEINE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGS-BEILAGEN! NUR REDAKTIONELLE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGEN, TAGESAKTUELLER TV-BERICHTERSTATTUNG (AKTUELLER DIENST) UND DIGITALEN AUSSPIELKAN€LEN (WEBSITES/APPS) IM UMFANG DER NUTZUNGSVEREINBARUNG. S€MTLICHE ANDERE NUTZUNGEN SIND NICHT GESTATTET.++

Todesstrafe

Ebenfalls in Kalifornien steht die Todesstrafe zur Abstimmung – und zwar gleich zweimal. Eine Initiative fordert die Abschaffung der Todesstrafe und die Umwandlung der Höchststrafe in lebenslange Haft. Ein weiterer Gesetzesvorschlag geht in die entgegengesetzte Richtung und sieht die Beschleunigung der Verfahren vor. Konkret sollen die Einspruchsmöglichkeiten der Verurteilten und aufschiebende Maßnahmen eingeschränkt werden.

Beide Gesetzesvorschläge kommen laut der jüngsten Umfrage nicht auf die erforderliche absolute Mehrheit. Die Abschaffung findet demnach mit 44 Prozent allerdings mehr Zuspruch, als die Beschleunigung der Exekutionen (35 Prozent).

Marihuana, Todesstrafe: Worüber die Amerikaner sonst noch abstimmen
epaselect epa05019743 People march in the street during a protest near a McDonald's restaurant as part of a nationwide effort to raise the minimum wage to 15 US dollar per hour in the Harlem neighborhood of New York, New York, USA, on 10 November 2015. Low wage workers, including many who work at fast food restaurants, are pushing for a raise in the national minimum wage. EPA/JUSTIN LANE

Mindestlohn

Mindestlöhne und Arbeitnehmerrechte sind in den USA notorisch niedrig bzw. eher schwach ausgeprägt. In Maine, Washington, Colorado und Arizona verlangen Initiativen hier Änderungen. In Arizona etwa können die Bürger darüber abstimmen, ob der Mindestlohn von 8,05 Dollar auf 10 Dollar und in weiterer Folge auf 12 Dollar erhöht werden soll. Außerdem würden den Arbeitnehmern in Arizona künftig auch Krankenstände bezahlt werden, was derzeit nur für rund die Hälfte der Arbeitnehmer in dem Bundesstaat gilt. Zum Vergleich: In den USA erhalten nur rund 40 Prozent der Arbeitnehmer am privaten Sektor ihren Lohn auch im Krankenstand. Die Aussichten für das Gesetz stehen jedenfalls gut: Laut einer Umfrage waren Mitte Oktober 58,4 Prozent der Wähler dafür.

Waffen

Die Debatte um die Regulierung von Waffenbesitz spaltet die Vereinigten Staaten wie nur wenige andere Themen. Versuche, den Verkauf von Sturmgewehren und Faustfeuerwaffen auf Bundesebene einzuschränken sind bisher kolossal gescheitert. Deshalb versuchen Bürgerinitiativen auf Staatenebene neue Regeln einzuführen. In den Maine, Washington, Nevada und Kalifornien werden Bürger heute auch über strengere „Backgroundchecks“, also Überprüfungen von Waffenkäufern, abstimmen. Es sind vergleichsweise gelinde Maßnahmen, für die Anti-Waffen-Lobby aber eine Möglichkeit, das Patt auf Bundesebene zu umgehen.

Alle vier Initiativen haben laut Umfragen gute Chancen, angenommen zu werden.

Sklaverei

Ein wenig kurios mutet ein Vorschlag zur Änderung der Staatsverfassung in Colorado an, der die Abschaffung der Sklaverei vorsieht. Zwar wurde die Sklaverei in der Verfassung des Bundesstaats im Jahr 1877 verboten. Doch für verurteilte Straftäter in Haft gilt heute immer noch eine Ausnahme. Sklaverei wird als Teil der Strafe explizit ermöglicht, etwa in Form gemeinnütziger Arbeit ohne Kompensation. Der Gesetzesvorschlag zielt darauf ab, diese Ausnahme zu streichen. Andere Gesetzesvorgaben und Gerichtsentscheidungen würden dieses Bereich ohnehin ausreichend abdecken.

51. Bundesstaat

Washington D.C. darf sich zwar Hauptstadt nennen und die wichtigsten Institutionen der Bundes beherbergen. Aber eines ist der „District of Columbia“ rechtlich gesehen nicht: ein Staat. In der Verfassung ist festgehalten, dass Washington unter der Verwaltung des US-Kongresses steht. Zwar hat der Kongress im Laufe der Jahre Kompetenzen an die Stadtverwaltung abgegeben. Er kann aber nach wie vor jedes Gesetz außer Kraft setzen und die Stadtregierung nach Belieben entlassen. Washington D.C. stellt außerdem keinen Senator im Senat und nur einen nicht stimmberechtigten Delegierten im Repräsentantenhaus.

Seit dem 19. Jahrhundert gibt es deshalb Bemühungen, Washington D.C. von der Knechtschaft des Kongresses zu befreien und zu einem eigenen Staat zu machen. Die Bürger des Bezirks werden heute zum ersten Mal seit fast 35 Jahren wieder einmal darüber abstimmen, ob Washington D.C. ein Staat werden soll, inklusive dem Entwurf für eine eigene Verfassung. Die Aktion hat sogar Vorbild: Auf ganz ähnliche Weise wurde Tennessee im Jahr 1795 der 16. Bundesstaat der USA. Und laut Umfragen dürfte es ein "Ja" der Bürger zum Bundesstaat Washington D.C. geben.

Werden die Washingtoner als bald ihren kleinen Unabhängigkeitstag feiern? Eher nicht. Es handelt sich nämlich um ein nicht-bindendes Referendum. Es soll lediglich dazu dienen, auf den Kongress Druck auszuüben, denn der muss immer noch zustimmen. Dass die Abgeordneten die Staatsgründung absegnen, gilt als äußerst unwahrscheinlich.

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