Hoffentlich hat Trump alle angelogen

Spät in der Nacht, als der Sieg von Donald Trump wahrscheinlicher wurde, aber keine neuen Ergebnisse kamen, spielte der deutsche Nachrichtensender n-tv zur Überbrückung eine Reportage aus dem pfälzischen Örtchen Kallstadt. Von dort ist Trumps Großvater 1885 in die USA ausgewandert. Ein Großcousin meinte zu Trumps Stil, mit anderen Menschen umzugehen: "Man muss sich fremdschämen." Das stimmt wohl, ist jetzt aber unser geringstes Problem.

Gerade Trump, der gegen das politische Establishment aufgetreten ist, weil dieses nicht die Wahrheit sagt, hat im Wahlkampf gelogen wie kein Politiker vor ihm. Eine eigene Website trumplies.com hat das täglich aufgelistet. Und er hat damit sein Lebensmotto in die Politik gebracht, einfach rücksichtslos gegen alle anderen zu sein, solange er davon profitiert. So will er jetzt seinen Slogan umsetzen: "Let’s make America great again." Aber was heißt das für die USA und den Rest der Welt?

Das muss die Stunde Europas sein

Trump hat versprochen, viele wichtige internationale Verträge aufzukündigen, also die Atom-Einigung mit dem Iran oder das Klimaschutzabkommen. Erderwärmung? Nein,die gibt es nicht, hat er verkündet. Und er will den Freihandel stark einschränken. Mit Mexiko sowieso, dort kommt eine neue Mauer, die ja die Mexikaner bezahlen würden – schon wieder eine Lüge –, aber auch mit anderen Staaten will er grob umgehen. Die US-Wirtschaft wird darunter leiden, alle Börsenindizes weltweit fallen wie erwartet dramatisch. Nur die Russen jubeln: Sie glauben jetzt, freie Hand im Nahen Osten zu haben, in der Ukraine außerdem. Putin freut sich ja seit Monaten darauf, dass Trump die US-Demokratie auf den Kopf stellen wird. Der ausgebuffte Profi und Meisterspion Putin im Paarlauf mit dem selbstgefälligen Trump, da muss sich jeder Erdenbürger Sorgen machen, wir Europäer vor allem.

Oder Europa wacht endlich auf. Ja, der Nationalismus ist auf dem Vormarsch. Emotionen, geschürt in den sozialen Medien, leiten die Politik. Also bitte um Vernunft: Je mehr sich die USA von Europa entfernen – und das werden sie tun –, umso mehr muss die EU ruhig und vor allem einig auftreten. Die EU muss schnell ein Zeichen der Gemeinsamkeit setzen. Und bei Trump kann man nur hoffen, dass er einfach alle angelogen hat, um Präsident zu werden, wohl wissend,dass er ein isolationistisches Amerika Richtung Verarmung führen würde.

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