Bidens kurze Zündschnur: Mitarbeiter berichten über regelmäßige Ausraster

Es gilt als überliefert, dass Joe Biden an seinem ersten Tag im Weißen Haus vor versammelter Mannschaft erklärte, wer seine Kollegen "respektlos" behandle, würde "sofort gefeuert". Zweieinhalb Jahre später droht ihm diese Ansage selbst auf den Kopf zu fallen.
Zahlreiche ehemalige und aktuelle Mitarbeiter des Weißen Hauses zeichneten inzwischen das Bild eines Präsidenten, der schnell wütend wird und oft auf Fluchen und Schreien zurückgreift. US-amerikanische Buchautoren sprachen mit Menschen, die täglich mit dem Präsidenten zusammenarbeiten. Ihre Berichte stimmen weitestgehend überein.
In diesem Artikel lesen Sie:
- Welche Sätze Biden im "Oval Office" bereits fallen ließ
- Seit wann dem 80-Jährigen Ausraster nachgesagt werden
- Und welchen ausländischen Regierungschefs gegenüber der US-Präsident laut geworden sein soll
Biden wird sauer, wenn er sich in Sitzungen "eingeengt fühlt"
In der Öffentlichkeit genießt Biden eigentlich das Image eines Brückenbauers, der fähig ist, über ideologische Grenzen hinweg mit Politikern anderer Parteien und Nationen an einem Tisch zu sitzen und Kompromisse zu finden. Auch wenn gelegentliche verbale und physische Ausrutscher sich zuletzt häuften.
➤ Mehr dazu in der Analyse unsere US-Korrespondenten: Joe Biden - ein Hoppala nach dem anderen
Dass der Präsident hinter den Kulissen aber oft und gerne laut wird, sei inzwischen "das am schlechtesten gehütete Geheimnis in Washington", sagt Chris Whipple, Autor des Buches "The Fight of His Life", einer Aufarbeitung der ersten Hälfte von Bidens Amtszeit, in den britischen Times.
Bei seinen Recherchen sprach er mit mehreren Stabsmitarbeitern im Weißen Haus, sie alle hätten dasselbe berichtet. Biden werde demnach schnell wütend, wenn er sich eingeengt fühle, weil ihm bei Meetings "keine guten Optionen" vorgeschlagen würden.
Mitarbeiter sollen sich nicht mehr alleine ins Oval Office trauen
Auch der US-Journalist Alex Thompson schreibt gerade an einem Buch über Bidens Präsidentschaft. Einen Teil seiner Recherchen veröffentlichte er im Online-Medium Axios. Darin heißt es: "Biden hat so ein flammendes Temperament, dass manche Untergebenen alles tun, um nicht mehr alleine in sein Büro gehen zu müssen. Sie nehmen Kollegen als eine Art Schild mit."
Thompsons Gesprächspartner gaben einige der häufigsten Äußerungen Bidens wieder, dazu zählen:
- "Gottverdammt, wie zum Teufel kannst du das nicht wissen?" (God damnit, how the f*** don't you know about this?)
- "Verarsch mich bloß nicht" (Don't f***ing bullshit me)
- und "Verpiss dich!" (Get the f*** out).
Biden war bereits ausfallend gegenüber Journalisten - und Selenskij
Selten war das Temperament des 80-Jährigen auch bei öffentlichen Auftritten sichtbar, doch es gibt Beispiele. So bezeichnete Biden etwa im Jänner 2022 im Glauben, sein Mikrofon wäre bereits ausgeschaltet, einen Fox-Reporter als "dummen Hundesohn" (stupid son of a bitch).
Wie der US-Fernsehsender NBC berichtete, ließ Biden seinen Zorn auch bereits an Regierungschefs anderer Nationen aus. So soll er etwa im Vorjahr bei einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij "die Fassung verloren" haben, heißt es unter Berufung auf Quellen aus dem Weißen Haus.
Die US-Regierung hatte damals gerade ein Hilfspaket im Wert von mehr als einer Milliarde US-Dollar an Kiew abgesegnet. Selenskij soll bei dem Gespräch jedoch "all die Hilfe aufgelistet haben, die sein Land noch brauchen würde und die noch nicht geliefert wurde". Biden hätte daraufhin die Stimme erhoben und den Ukrainer zurechtgewiesen: Das amerikanische Volk sei großzügig, seine Regierung arbeite hart, um der Ukraine zu helfen und Selenskij solle dankbarer sein.
Sind Bidens Ausraster eine Alterserscheinung?
Biden wird aber auch nachgesagt, sich über sein hitziges Gemüt im Klaren zu sein und sich nach Ausrastern meist zu entschuldigen. Er führe diese Momente dann meist "auf seine irischen Wurzeln" zurück, so Thompson. Über die Jahre habe er sich einen Mitarbeiterstab aufgebaut, "in dem die meisten entschieden haben, dass seine Tugenden im Vergleich zu seinen Fehlern überwiegen."
Weder Whipple noch Thompson sehen die präsidialen Stimmungsschwankungen übrigens als Alterserscheinung an. Schon vor seiner Zeit als Präsident sei Biden berüchtigt dafür gewesen, gerne laut zu werden. Die Wutanfälle würden mit steigendem Alter auch nicht zunehmen.
Bidens Gegner sehen die aktuellen Berichte dagegen als Versuch, sein Image zu verbessern. Donald Trump Jr., Sohn des gleichnamigen Ex-Präsidenten, schrieb etwa auf Twitter: "Diese Geschichte wurde offensichtlich platziert und geschrieben, damit es so klingt, als würde Biden nicht unter hochgradiger Demenz leiden."
Kommentare