Ukraine-Präsident Selenskij bestätigt Teilnahme an NATO-Gipfel
Mit Beratungen über die Ukraine und den Ausbau der Verteidigung gegen Russland beginnt am Dienstag ein zweitägiger NATO-Gipfel in Litauen. Die Ukraine sollte nach Auffassung von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ein deutliches Signal für eine Aufnahme in die Allianz erhalten. Nach Angaben des litauischen NATO-Botschafters wird die Ukraine aber keine Einladung in die NATO erhalten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte seine Teilnahme am Gipfel.
Es werde keine Einladung geben, sagte Deividas Matulionis am Dienstag im litauischen Radio. "Aber es wird ein viel klareres Verfahren eingeführt, wie diese Einladung zustande kommen könnte, wenn die Bedingungen stimmen."
"Die Ukraine ist einen langen Weg gegangen", sagte Stoltenberg am Dienstag vor Beginn des NATO-Gipfels in Vilnius. Daher sollte das Bündnis auf den sonst üblichen Membership Action Plan (MAP) zur Heranführung von Beitrittskandidaten im Fall der Ukraine verzichten. "Die Ukraine ist sehr viel näher an der NATO, insofern sollte sich dies auch in den Entscheidungen der NATO widerspiegeln", betonte Stoltenberg.
Stoltenberg wertet die voranschreitende Erweiterung des Verteidigungsbündnisses als Zeichen für ein Scheitern der Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin. "Er zog in den Krieg, weil er weniger NATO wollte. Er bekommt mehr NATO", sagte der Norweger. Dass Finnland schon Mitglied sei und Schweden nun Mitglied werde, zeige, dass Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine ein "großer strategischer Fehler" gewesen sei. Er habe sowohl die Ukrainer und die Geschlossenheit der NATO als auch die politischen Konsequenzen in Ländern wie Schweden und Finnland unterschätzt.
Deutschland liefert der Ukraine weitere Waffen und Munition im Wert von knapp 700 Millionen Euro. Das wurde am Rande des NATO-Gipfels aus Regierungskreisen bekannt. Frankreich wird der Ukraine Langstreckenraketen liefern. Damit könne sich das Land besser gegen den russischen Angriff verteidigen, begründete Präsident Emmanuel Macron die Entscheidung. "Ich habe beschlossen, die Lieferungen von Waffen und Ausrüstung zu erhöhen, um den Ukrainern die Fähigkeit zu geben, tiefgreifende Angriffe vorzunehmen und gleichzeitig an unserer Doktrin festzuhalten, die es der Ukraine ermöglicht, ihr Territorium zu verteidigen", sagte Macron bei seiner Ankunft beim NATO-Gipfel in Litauen. Im Mai hat Großbritannien als erstes Land die Lieferung von Langstreckenraketen vom Typ "Storm Shadow" bestätigt.
Die NATO wird auf die Beitrittsabsichten der Ukraine nach Angaben des Nationalen Sicherheitsberaters der USA, Jake Sullivan, mit einem "positiven Signal" reagieren. Sullivan äußerte sich vor Journalisten am Rande des NATO-Gipfels in Litauen. Dort sind Unterhändler der 31 Nato-Staaten dabei, eine Erklärung zu entwerfen, die den Pfad der Ukraine zu einer Mitgliedschaft in der Militärallianz aufzeigen soll.
Die Politik der NATO gegenüber Russland erhöht nach Einschätzung des russischen Botschafters in Belgien, Alexander Tokowinin, das Risiko eines direkten Konfliktes. Die regionalen Verteidigungspläne, die die NATO auf ihrem Gipfel in Vilnius beschließen wolle, würden die Konfrontation des westlichen Militärbündnisses mit Russland angespannter und länger machen, zitiert die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Tokowinin.
Europa müsste nach russischer Darstellung als erster mit "katastrophalen Folgen" rechnen, sollte der Krieg in der Ukraine eskalieren. Die USA trieben eine solche Eskalation voran, sagte der in Wien ansässige russische Diplomat, Konstantin Gawrilow, der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA zufolge. Gawrilow ist einer der führenden Unterhändler Russlands in Sicherheitsfragen. Indem die US-Regierung plane, der Ukraine mehr Waffen zu liefern, mache sie deutlich, dass sie nicht an Diplomatie interessiert sei, sagte Gawrilow.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird als Gast am Gipfeltreffen des Verteidigungsbündnisses teilnehmen. Er sei unterwegs zum Treffen des Verteidigungsbündnisses, schrieb er am Dienstag auf Twitter. US-Präsident Joe Biden will zu einem bilateralen Treffen mit dem ukrainischen Staatschef zusammenkommen. Die beiden wollten am Mittwoch über langfristige Sicherheitszusagen der USA für die Ukraine sprechen, teilte Bidens nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan am Dienstag mit. Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) plant nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen am Mittwoch ein bilaterales Treffen mit Selenskyj.
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