Srebrenica-Massaker: Niederlande nur begrenzt mitverantwortlich

Bosnische Stadt Srebrenica
Oberster Gerichtshof der Niederlande bestätigt im Kern Urteil des Berufungsgerichtes. Deutlich geringere Entschädigungen an als gefordert.

Die Niederlande sind mitverantwortlich für den Tod von 350 Bewohnern der früheren bosniakischen Enklave Srebrenica. Das erklärte der Oberste Gerichtshof der Niederlande am Freitag in Den Haag und bestätigte damit zumindest im Kern ein Urteil des Berufungsgerichtes aus dem Jahr 2017.

Der Hohe Rat sprach den Klägern allerdings eine deutlich geringere Entschädigung zu. Die Niederländer hätten die rund 350 muslimischen Burschen und Männer kaum retten können, so das Urteil. Sie seien deshalb nur zu zehn Prozent für das Massaker während des Jugoslawien-Krieges verantwortlich.

Die Hinterbliebenen der Opfer, die "Mütter von Srebrenica", hatten die Zivilklage angestrengt. Gegen das Urteil der früheren Instanz hatte der Staat im September 2017 Revision eingelegt.

Die Opfer des Massakers wurden am 13. Juli 1995 aus dem Stützpunkt des niederländischen UNO-Bataillons in Potocari vertrieben. Daraufhin wurden sie von bosnisch-serbischen Truppen ermordet.

Kampflose Übergabe

Im Bosnien-Krieg hatten serbische Einheiten im Juli 1995 die UN-Schutzzone Srebrenica überrannt. Die niederländische UN-Blauhelme hatten die Enklave den Serben unter der Führung des Generals Ratko Mladic kampflos übergeben. Anschließend hatten serbische Einheiten rund 8.000 bosnische Männer und Buben ermordet. Als Hauptverantwortliche für den Völkermord von Srebrenica wurden Mladic sowie der frühere Serbenführer Radovan Karadzic zu lebenslanger Haft verurteilt.

Die niederländischen Blauhelme handelten dem Urteil zufolge unrechtmäßig, als sie die Männer vom Gelände wegschickten. Sie hätten wissen können, dass die Männer misshandelt oder getötet werden sollten. Dennoch schätzt das Gericht deren Überlebenschance als gering ein. Gegen die Übermacht der Serben habe Dutchbat nichts ausrichten können.

Srebrenica-Massaker: Niederlande nur begrenzt mitverantwortlich

Mitglieder der "Mütter von Srebrenica"

Opfer enttäuscht

Die Hinterbliebenen der Srebrenica-Opfer sind nach Angaben eines bosnischen Opferverbandes über die Entscheidung enttäuscht. Man werde sich nun an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wenden, erklärte Murat Tahirovic, Leiter des Verbandes von Opfern und Augenzeugen des Völkermordes, am Freitag gegenüber der Presseagentur Fena.

Die "Mütter von Srebrenica", die die Zivilklage angestrengt hatten, würden diesbezüglich auch schon mit ihren Anwälten beraten, so Tahirovic. Das Oberste Gericht der Niederlande urteilte am Freitag, dass die Niederländer für den Tod von 350 Srebrenica-Opfern mitverantwortlich sind - wenn auch nur in begrenztem Ausmaß, zu zehn Prozent, so das Urteil. Die Entschädigung für die Hinterbliebenen fällt dementsprechend auch geringer aus.

Die 350 Männer und Burschen wurden am 13. Juli 1995 aus dem Stützpunkt des niederländischen UNO-Bataillons in Potocari vertrieben. Daraufhin wurden sie von bosnisch-serbischen Truppen ermordet.

Tahirovic bezeichnete das Gerichtsurteil als "vernichtend". In einem früheren Urteil aus dem Jahr 2017, gegen das der niederländische Staat Revision eingelegt hatte, war noch von 30 Prozent die Rede. Die Niederländer könnten ihre Verantwortung nicht so einfach "ausradieren", meinte auch Munira Subasic, Leiterin der "Mütter von Srebrenica", in einer ersten Reaktion. Der Rechtsstreit werde vor dem Menschenrechtsgericht in Straßburg fortgesetzt, kündigte sie an.

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