Urlauberziel Kanaren als neuer Migranten-Hotspot

Urlauberziel Kanaren als neuer Migranten-Hotspot
Heuer hat sich bis dato die Zahl illegaler Migranten fast verdoppelt. Die Gründe sind vielfältig, die Behörden überfordert.

Sonne, Strand und Meer – das sind die Ingredienzien, die Urlauber alljährlich auf die Kanarischen Inseln locken. Und auch viele Österreicher nutzen die am Donnerstag beginnenden Herbstferien, um zu einer Extrarunde Sommer aufzubrechen.

Doch nicht nur für Touristen ist die spanische Inselgruppe im Atlantik Ort der Begierde, neuerdings auch für Tausende von Migranten aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Behördenvertreter vor Ort, aber auch die Nationalregierung in Madrid schlagen Alarm.

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Laut Angaben des spanischen Innenministeriums landeten von Jahresbeginn bis Mitte Oktober fast 25.000 Menschen mit Booten illegal an dem EU-Territorium an. Das sei ein Rekordwert seit 2006 und fast eine Verdoppelung (plus 80 Prozent) zum Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Allein in der ersten Hälfte dieses Monats seien mehr als 8.500 Migranten registriert worden, davon 1.400 nur am vergangenen Wochenende.

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Und täglich werden es mehr, obwohl die Route als eine der gefährlichsten auf der Welt gilt, auf der allein heuer schon rund 800 Menschen ihr Leben lassen mussten.

Die Situation sei "unhaltbar", sagte der Regierungschef der sieben kanarischen Inseln, Fernando Clavijo. Und seitens Madrid hieß es, dass die Welle irregulärer Migration nicht mehr alleine zu bewältigen sei. Die EU wurde um Hilfe gebeten.

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Urlauberziel Kanaren als neuer Migranten-Hotspot

El Hierro: Das spanische Lampedusa

Die meisten völlig überfüllten Boote steuern die kleine Insel El Hierro an. Dort kommen bisweilen an drei, vier Tagen bis zu 1.500 Migranten an, dabei hat das Eiland selbst bloß 11.000 Einwohner. Nur schleppend werden die Männer, Frauen und teilweise auch Minderjährigen auf Teneriffa, Gran Canaria oder La Palma beziehungsweise auf das spanische Festland gebracht.

Kommentatoren sprechen im Fall von El Hierro schon vom "spanischen Lampedusa", jener italienischen Insel vor Tunesien, an der in diesem Sommer ebenfalls Tausende Migranten ankamen. Die meisten aus Ländern Westafrikas, wie etwa aus dem Senegal oder Gambia.

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Urlauberziel Kanaren als neuer Migranten-Hotspot

Als Gründe für die rasant wachsende Zahl von Migranten führen Experten vor allem vier Aspekte ins Treffen:

Kontrollen im Mittelmeer

Durch feinmaschigere Kontrollen auf den Routen in den Gewässern vor Italien und Spanien weichen die Schlepper eben auf die Atlantikquerung Richtung Kanaren aus.

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Relativ ruhige See

Das in den Monaten September, Oktober und teilweise auch im November in der Regel günstige Wetter mit relativ niedrigem Wellengang vor der Küste der spanischen Inselgruppe begünstigt die Überfahrten zusätzlich.

Destabilisierung in Sahelzone

In Mali, Burkina Faso, Niger kam es zuletzt zu Militärputschen. Der Tschad ist ein äußerst fragiles Gebilde. Und im Sudan tobt ein blutiger Machtkampf.

Konfliktzone Senegal

In dem lange als Hort der Stabilität und Sicherheit in Westafrika geltenden Land kam es nach Verurteilung von Oppositionsführer Ousmane Sonko (zwei Jahre Haft) in einem langen und sehr umstrittenen Gerichtsverfahren Anfang Juni zu einer Gewalteruption.

Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International starben dabei Menschen, es gab zudem 390 Verletzten, mehr als 500 Festnahmen wurden registriert.

Doch auch davor schon hatten viele der heute rund 17 Millionen Senegalesen ihrer Heimat – meist illegal – den Rücken gekehrt. Sie wurden zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor des Landes: Zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes stammen von Überweisungen von Migranten aus dem Ausland.

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