Meinl-Reisinger rührt in der UNO die Werbetrommel für Österreich

Außenministerin Meinl-Reisinger bei der UNO-Generaldebatte
Die Außenministerin kritisiert die "Aktionen der israelischen Regierung in Gaza", fordert einen Waffenstillstand in der Ukraine und positioniert Österreich als kleinen, aber feinen Teamplayer.

Zusammenfassung

  • Außenministerin Meinl-Reisinger wirbt bei der UNO für einen österreichischen Sitz im Sicherheitsrat und betont Österreichs Rolle als neutraler Teamplayer.
  • Sie kritisiert sowohl die israelische Regierung für das Vorgehen in Gaza als auch die Hamas und fordert einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine.
  • Österreich setzt sich für Multilateralismus, Klimaschutz und eine friedliche Lösung internationaler Konflikte ein, lehnt aber eine sofortige Anerkennung Palästinas ab.

Wie durch ein Wunder funktionierte am Donnerstag alles tadellos: Keine Rolltreppe stoppte in der Fahrt, der Teleprompter zeigte allen Dutzenden Rednern der Generaldebatte in der UNO-Vollversammlung störungsfrei ihr Manuskript. Dass es also zwei Tage davor ausgerechnet beim US-Präsidenten zu solchen Aufregungen gekommen war, könne nur einen Grund haben, ärgerte sich Donald Trump: „Sabotage!“ Auf seinem Sozialen Netzwerk Truth Social forderte er daher umgehend eine Untersuchung.

Mehr Glück hatte dagegen gestern Österreichs Außenministerin Beate Meinl-Reisinger. Bereits am Nachmittag, bei einer ersten, kurzen Rede zu den Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz, klappte alles wie am Schnürchen: Die Rolltreppe lief, das Mikrophon war an, und vom Teleprompter musste Meinl-Reisinger ohnehin nicht ablesen.  Es war sozusagen die Generalprobe vor ihrer eigentlich wichtigsten Rede - jener im großen Sitzungssaal der UNO. 

Dort, wo die Außenministerin in maximal 15 Minuten ihren Zuhörern aus der ganzen Welt die großen außenpolitischen Linien Österreichs näher bringen wollte. Denn viele, vor allem die kleinen und kleinsten Staaten am anderen Ende der Welt, haben wenig Berührungspunkte mit den Interessen Österreichs.

Nach Jahren, in denen ihr Vorgänger Alexander Schallenberg die traditionelle Rede in der UNO gehalten hatte, stand gestern die Ministerin erstmals vor dem Rednerpult im Sitzungssaal. Ihre zentrale Botschaft: Österreich wirbt für einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat.

UN-DIPLOMACY-UNGA

UNO-Gebäude in New York

Damit Österreich im wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen wieder ab 2027 für zwei Jahre einziehen kann, braucht es die Zustimmung von mindestens 129 der 193 UNO-Mitgliedsländern. Und die wollen ausloten, wo Österreich in den großen Fragen und Krisen hintendiert.

Sitzungssaal im UN-Hauptgebäude in New York

Sitzungssaal im UN-Hauptgebäude in New York

Um ihre Zuhörer, die sich bereits seit drei Tagen stundenlang Reden von Politikern aus aller Welt anhören, bei der Stange zu halten, wird Meinl-Reisinger teils persönlich: "Es hat den Anschein, als sei die Zukunft für die Generation unserer Kinder nicht strahlender als die Gegenwart", sagte sie und spricht von „grundlegenden Ängsten vor Krieg und Konflikten, Klimawandel, Radikalisierung und gesellschaftlicher Spaltung. Als Mutter von drei Töchtern belastet mich das zutiefst", sagt die NEOS-Chefin.

Die Politiker im Raum, die anwesenden Außenminister und Diplomaten, wollen vor allem wissen: Wie positioniert sich Österreich gegenüber dem Gaza-Krieg?

Der schreckliche Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 sei “absolut verwerflich" gewesen, betont Meinl-Reisinger und fordert: Die Terrorgruppe Hamas müsse alle Geiseln “unverzüglich und bedingungslos freilassen, ihre Herrschaft in Gaza beenden und ihre Waffen abgeben."

Zugleich aber, fährt sie fort, rechtfertige “nichts die verheerende humanitäre Katastrophe, die wir in Gaza erlebeben. Zivilisten müssen jederzeit geschützt werden. Es gibt keine Rechtfertigung für Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht. Die Verzweiflung und Zerstörung haben furchtbare Ausmaße erreicht. Der Krieg im Gazastreifen muss beendet werden", fordert Meinl-Reisinger. 

Schon ihr Vorredner, der britische Vize-Premier David Lamy, erntet spontanen Applaus im Saal mit seiner Forderung: "Der Krieg in Gaza muss enden - jetzt!"

Was Österreich für den Nahen Osten verlange: Ein umfassender, gerechter und dauerhafter Frieden müsse es werden: “Zwei Staaten, Israel und Palästina, die innerhalb anerkannter Grenzen in Frieden und Sicherheit nebeneinander leben."

Anerkennung Palästinas unter der richtigen Voraussetzung

Eine sofortige Anerkennung Palästinas, wie es diese Woche Frankreich, Großbritannien, Kanada, Australien und noch weitere Staaten vorgenommen haben, lehnt Österreich allerdings ab. "Wir werden Palästina auch als Staat anerkennen, sobald dieser Schritt den bedeutendsten Beitrag zum Frieden leisten kann und die richtigen Voraussetzungen dafür gegeben sind", versichert die Außenministerin.

General Debate of the 80th session of the United Nations General Assembly

Einen sofortigen Waffenstillstand forderte Meinl-Reisinger auch für die Ukraine: “Während die russische Regierung tagsüber von Frieden spricht, feuert sie nachts weiterhin Raketen auf die Ukraine. Auf Städte und Dörfer, auf Schulen, Krankenhäuser und Kindergärten. Zehntausende Zivilisten sind ums Leben gekommen. Auch dieser Krieg muss so schnell wie möglich beendet werden." 

Ein Waffenstillstand wäre aus Sicht Österreichs die Voraussetzung für echte Gespräche zur Beendigung dieses Krieges. Und bei diesen Gesprächen, so Meinl-Reisinger weiter, müssen die Ukraine und Europa mit am Tisch sitzen - schließlich gehe es um die Zukunft der Ukraine, aber auch um die gesamte europäische Sicherheitsarchitektur.  

Angesichts dieser Krisen und Kriege sei eine eine wirkungsvolle, legitime und reaktionsfähige UNO nötiger denn je. "Österreich als eher kleines, militärisch neutrales Land - hat sich stets für einen effektiven Multilateralismus, für die friedliche Beilegung von Streitigkeiten und für die Herrschaft des Völkerrechts eingesetzt", sagt Meinl-Reisinger. Und ihre Botschaft an die Zuhörer im Saal: Mit einem Sitz im nächsten Sicherheitsrat werde sich Österreich um so mehr um eine bessere internationale Zusammenarbeit bemühen. Österreich wolle seiner Verantwortung für den Multilateralismus nachkommen. 

Und dann kam noch ein kleiner Seitenhieb gegen US-Präsident Trump, der zwei Tage davor genau an jenem Rednerpult den Klimawandel geleugnet hatte. "Wir kämpfen gegen den Klimawandel", versicherte die Außenministerin und verweis erneut darauf, dass Österreich bereits 93 Prozent seines Strombedarfes aus erneuerbaren Energiequellen beziehe.

Wie sehr Meinl-Reisinger überzeugen konnte, wird sich wohl erst nächsten Juni zeigen. Dann findet die Wahl über den nächsten Sitz im Sicherheitsrat der UNO statt. Drei Konkurrenten - Österreich, Deutschland und Portugal - kämpfen um zwei Plätze.

Applaus im Saal für Beate Meinl-Reisinger. Und schon ist der nächste Redner - aus Mexiko - auf dem Weg zum Podium im großen Sitzungssaal der UNO - eine und einer von noch Dutzenden, die bis Montag folgen werden.

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