UNO-Chef Guterres fordert in Moskau Waffenruhe

RUSSIA-UN-DIPLOMACY
USA kündigen Kontaktgruppe für Kiew an - Putin: Verhandlungen werden im Online-Format fortgesetzt.

Mit Nachdruck hat UN-Generalsekretär António Guterres die russische Führung bei einem Besuch in Moskau zur Beendigung des Krieges gegen die Ukraine aufgefordert. Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte, die Verhandlungen mit der Ukraine würden im Online-Format fortgesetzt. Er hoffe auf ein positives Ergebnis. Zu Mariupol sagte er, die Lage dort sei schwierig und könne tragisch werden. Die USA kündigten indes eine Kontaktgruppe zur Unterstützung der Ukraine an.

 

Putin forderte die ukrainische Armee auf, Zivilisten ziehen zu lassen. Im Stahlwerk Asowstal im weitgehend eroberten Mariupol haben sich die Reste der ukrainischen Einheiten verschanzt und lehnen es ab, sich zu ergeben. Geplante Fluchtkorridore für Zivilisten aus dem Werksgelände scheiterten in der Vergangenheit mehrmals, wofür sich beide Seiten gegenseitig die Schuld gaben.

Krieg verursache "Schockwellen"

Er habe ein Interesse daran, alles Mögliche zu tun, um den Krieg und das Leiden der Menschen zu beenden, betonte Guterres. Der Krieg verursache "Schockwellen" und habe schon jetzt weltweit Auswirkungen auf die Preise bei Lebensmitteln und Energie. Deshalb sei es nötig, den Dialog zu führen und eine Waffenruhe zu erreichen, um die Bedingungen für eine friedliche Lösung des Konflikts zu finden. "Wir sind für eine Verhandlungslösung", erwiderte Russlands Chefdiplomat Lawrow, der selbst einst sein Land bei den Vereinten Nationen vertreten hat.
 

Eine neue internationale Kontaktgruppe zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte wird sich US-Verteidigungsminister Lloyd Austin zufolge künftig monatlich beraten. Nach Gesprächen mit seinen Amtskollegen und ranghohen Militärvertretern aus rund 40 Staaten, darunter NATO-Partner und Verbündete, sagte Austin am Dienstag: "Ich bin stolz, anzukündigen, dass das heutige Treffen eine monatlich tagende Kontaktgruppe für die Selbstverteidigung der Ukraine bekommen wird."

"Niemand will einen Atomkrieg. Niemand kann das gewinnen."

Das erste Treffen fand auf Einladung Austins auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein statt, die nächsten Zusammenkünfte sollen demnach entweder auch als Präsenzveranstaltungen oder als Videoschalten stattfinden.

Austin kritisierte die jüngsten Warnungen Lawrows vor einem Dritten Weltkrieg und einem Einsatz von Nuklearwaffen. Jedes Gerede über den möglichen Einsatz von Atomwaffen sei "sehr gefährlich und wenig hilfreich", sagte Austin in Ramstein. "Niemand will einen Atomkrieg. Niemand kann das gewinnen."

Lawrow und Guterres kennen sich seit Jahrzehnten, sind im gleichen Alter; der russische Diplomat spricht von einem kameradschaftlichen Verhältnis mit dem Portugiesen. Deshalb überspielte Lawrow auch die scharfe Kritik des UN-Chefs an dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Nicht die Ukraine habe Soldaten in Russland, schimpfte Guterres, sondern russische Soldaten seien in der Ukraine. "Ich kann das bestätigen", sagte Lawrow freundlich.

Thema Fluchtkorridoren

Einer Lösung in dem Konflikt um die Ukraine kamen die beiden Diplomaten bei ihrem stundenlangen Gespräch indes keinen Schritt näher. Guterres befürwortete auf Nachfrage von Journalisten eine unabhängige Untersuchung von Kriegsverbrechen in der Ukraine. Und er schlug die Bildung einer trilateralen Gruppe zur Lösung humanitärer Probleme vor, bestehend aus Vertretern der UNO, Kiews und Moskaus.

Diese Kontaktgruppe könne die Sicherheit von Fluchtkorridoren gewährleisten, sagte er. Er betonte die Notwendigkeit, einen humanitären Korridor zu bilden für die Evakuierung von Zivilisten aus der belagerten südostukrainischen Hafenstadt Mariupol und dem dortigen Stahlwerk Azovstal.

Lawrow wiederum warf der Ukraine vor, Verhandlungen um das Stahlwerk und für ein Ende der Kämpfe nicht ernsthaft zu verfolgen. Ziel der ukrainischen Führung sei es vielmehr, Druck auf Russland aufrecht zu erhalten. Das geschehe durch die Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine. "Wenn das so weitergeht, werden die Verhandlungen wohl kaum ein Ergebnis bringen", sagte Lawrow. Russland werde die vom Westen gelieferten Waffen dort weiter als militärisches Ziel ansehen.

Zur Frage eines möglichen Einsatzes von Vermittlern in dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland sagte Lawrow: "Dafür ist es zu früh." Er kritisierte mit Blick auf die USA, dass es im Westen nun nur darum gehe, Russland zu besiegen - und eine monopolare Welt zu schaffen, in denen nur das eine Land die Regeln diktiere. Guterres wiederum betonte, dass die Vereinten Nationen für eine multipolare Welt stünden, wie sie auch Russland wolle.

Guterres äußerte in Moskau auch ausdrücklich sein Bedauern, dass die Vereinten Nationen nicht beteiligt gewesen waren an der Umsetzung des Minsker Friedensplans für die Ostukraine. Im so bezeichneten "Normandie-Format", in dem Frankreich und Deutschland in dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland vermittelten, hätten sie demnach mitwirken können und sollen. Das Abkommen diente auch als Grundlage für eine UN-Resolution zur Lösung des Konflikts.

Lawrow hatte zuvor kritisiert, dass der Westen sich um die Umsetzung des Minsker Abkommens nicht gekümmert habe. Zudem hätte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij die Vereinbarungen einseitig aufgekündigt. Dazu sagte der UN-Chef, dass die Resolutionen bindend seien. Er machte aber deutlich, dass es andere Methoden als Krieg gebe, die Ziele durchzusetzen. Der UN-Generalsekretär will nun über Polen in die Ukraine weiterreisen, wo er am Donnerstag Selenskij trifft. Zuletzt ist der Druck auf Guterres gewachsen, eine aktivere Rolle in dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine einzunehmen. Russische Truppen waren am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert.

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