Umstrittenes Wahlgesetz verabschiedet

Umstrittenes Wahlgesetz verabschiedet
Wer in Ungarn wählen will, muss sich künftig zuvor registrieren – bei jedem Urnengang. Die Opposition vermutet dahinter eine bewusste Schaffung von Hürden.

Wer sich nicht 15 Tage vor der Wahl registriert, muss auf sein Wahlrecht verzichten: Diese Neuerung hat das ungarische Parlament gestern beschlossen. Mit seiner Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedete das ungarische Regierungsbündnis Fidesz-MPSZ und Christdemokraten (KDNP) am Montagabend das neue und höchst umstrittene Wahlgesetz.

Die Registrierung kann persönlich beim Notar des zuständigen Gemeinderates oder per Internet erfolgen. Bürger mit Behinderungen werden seitens des Notars aufgesucht und registriert. Auslandsungarn, die über die Doppelstaatsbürgerschaft verfügen, können sich per Brief oder Internet registrieren.

Hürden für Ältere

Die Opposition hatte ihre Ablehnung der Pflichtregistrierung auch damit begründet, dass diese als "bürokratische Hürde auf dem Wege der Ausübung des Wahlrechts" gelte. Mit diesem Zwang wolle Premier Viktor Orban Bürger aus sozial benachteiligten Schichten von den Urnen fernhalten. Vor allem ältere Menschen ohne Internet würde es schwer fallen, den zuweilen weiten Weg zur Gemeinde zu bewältigen, wo die Registrierung stattfände.

Hinter der Einschränkung des Wahlrechtes sehen politische Beobachter Ängste des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Orban und seiner Fidesz-MPSZ um einen erneuten Sieg bei den Parlamentswahlen 2014. Am 19. November demonstrierten Tausende Bürger vor dem Parlament gegen die Pflichtregistrierung.

Werbungs-Einschränkung

Neben der Zwangsregistrierung für Wähler gibt es nach dem Willen der Parlamentarier, die das Gesetz mit 251 Ja-, 91 Nein-Stimmen und einer Stimmenthaltung verabschiedete, auch Einschränkungen in der Wahlwerbung. Ab 50 Tagen vor dem Wahltermin dürfen Parteien demnach keine Werbung mehr in privaten TV- und Radiosendern schalten. Geworben werden darf lediglich auf Flugblättern, Plakaten und in öffentlich-rechtlichen Medien, die Werbespots unentgeltlich ausstrahlen müssen.

Der für Wahlwerbung verfügbare Zeitrahmen umfasst je Medium höchstens zehn Stunden, die proportional unter den Parteien aufgeteilt werden müssen. Die Opposition fürchtet, dass der Zeitpunkt der Ausstrahlung nicht neutral entschieden werden könnte: Es sei nicht egal, ob eine Wahlwerbung in der Pause eines wichtigen Fußballspieles geschaltet würde oder während einer Kochsendung, hieß es von Oppositionsvertretern.

Verteidigung

Der Fidesz-MPSZ-Politiker Gergely Gulyas hatte im Vorfeld der Abstimmung die Wahlrechtsreform auf einer Pressekonferenz verteidigt. Werbung auf privaten, kommerziellen Sendern sei zu teuer sagte er, die von der Opposition kritisierte, verpflichtende Wählerregistrierung dauere „nur eine Minute".

Die neue Plattform „Gemeinsam 2014“, deren Ziel die Abwahl des ungarischen Premiers Viktor Orban ist, warnte vor einem Boykott der Wählerregistrierung. Vielmehr sollten demokratische Parteien und NGO sozial schwachen Bürgern dabei helfen sich zu registrieren. Firmen sollten ihren Mitarbeitern die Möglichkeit bieten, sich während der Arbeitszeit registrieren zu lassen.

Die „wirkungsvollste Art des Protestes" gegen die Registrierung sei, wenn möglichst viele daran teilnehmen, heißt es in einer Aussendung der Plattform „Gemeinsam 2014“, hinter der Ex-Premier Gordon Bajnai (2009-2010) mit seiner Stiftung „Heimat und Fortschritt“ sowie die Facebook-Gruppe MILLA (Eine Million für die Pressefreiheit) und die überparteiliche Gewerkschaftsorganisation Szolidaritas stehen.
 

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