Ukrainischer Sondergesandter Tschernyschow: "Die EU braucht die Ukraine"

ARBEITSTREFFEN MIT SONDERGESANDTEN DER UKRAINE: EDTSTADLER / CHERNYSHOV
Im "ZiB2"-Gespräch sagte der ukrainische Minister in Richtung EU: "Wir erwarten uns, dass wir bis Ende Juni dieses Jahres den Status als Beitrittskandidat erhalten werden."

Österreich will dem EU-Beitrittskandidatenstatus für die Ukraine "nicht im Weg stehen". Dies kündigte Europaministerin Karoline Edtstadler am Donnerstag nach einem Arbeitstreffen mit dem Sondergesandten des ukrainischen Präsidenten, Minister Olexij Tschernyschow, an. Man warte auf das Assessment der EU-Kommission, stehe aber solidarisch aufseiten der Ukraine und werde das Land auf dem "langen und schwierigen Weg" unterstützen, so Edtstadler.

Verluste und Forderungen

Tschernyschow war am Abend dann auch zu Gast im ZiB2-Studio. Bei einem vorab aufgezeichneten Gespräch mit der Moderatorin Margit Laufer berichtete er zuerst über die schweren und weitreichenden Verluste, die unglaubliche Zerstörung, die sein Land seit dem Angriffskrieg der Russen verbuchen musste: 80.000 Wohnhäuser seien bislang beschädigt oder zerstört worden.

Die zerstörte Infrastruktur und die nicht funktionstüchtigen Häfen am Schwarzen Meer seien auch dafür verantwortlich, warum das viele Getreide, die Lebensmittel noch nicht exportiert werden konnten, wie Tschernyschow  sagte. Die EU und der Rest der Welt habe mittlerweile verstanden, wie wichtig die Ukraine für die weltweite Lebensmittelversorgung sei. Das Ziel müsse also sein, alle Häfen wieder schiffbar zu machen. 

Der EU-Beitritt der Ukraine sei für Tschernyschow dann nur noch eine Frage der Zeit. Er glaube, dass die EU und die Ukraine sich gegenseitig brauchen. "Die EU braucht die Ukraine. Wir brauchen die EU. Die Ukraine ist Teil der europäischen Familie. Wir sind bereit, die Forderungen seitens der EU so schnell wie möglich zu erfüllen. Wir erwarten uns dann auch, dass wir bis Ende Juni dieses Jahres den Status als Beitrittskandidat erhalten werden", so Tschernyschow zuversichtlich.

Angesprochen auf die bislang gescheiterten Bemühungen einiger Westbalkanländer, wie z.B. Bosnien-Herzegowina, EU-Kandidatenstatus zu erlangen, sagte er: "Wir unterstützen auch die Beitrittsbemühungen dieser Staaten. Die Türen der EU sollten auch für diese Länder bald aufgehen."

Langfassung: Interview mit ukrainischem Minister Tschernyshov

Prüfung

Die EU-Behörde prüft derzeit, ob die Ukraine die Voraussetzungen für den EU-Beitrittskandidatenstatus erfüllt und will im Juni ihre Einschätzung bekanntgeben. "Wir demonstrieren einmalige Einigkeit in unseren strategischen Absichten", unterstrich Tschernyschow angesichts der "einmaligen Aggression" Russlands. Für die Ukraine sei es wichtig, dass Ende Juni bei der Sitzung der EU-Kommission eine Entscheidung getroffen wird, sagte Tschernyschow, der als Minister für die Entwicklung der Gemeinden und Territorien zuständig ist. "Wir fühlen uns als Mitglied der europäischen Familie", so der Sondergesandte und kündigte an, alles dafür tun zu wollen, um die Voraussetzungen zu erfüllen.

Eine Alternative zur Vollmitgliedschaft in der EU sieht Tschernyschow nicht. "Ausnahmen entsprechen nicht den Prinzipien der EU", sagte er unter Verweis auf die Gleichheit der Mitgliedsländer. "Auf dem Weg zum Ziel befinden sich einige Entscheidungen, die noch zu treffen sind", sagte er zu Österreichs Zögern, ein Gasembargo gegen Russland zu verhängen. Dies sei eine davon.

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