Vor Alaska-Gipfel: Trump kündigt Dreiertreffen an, Selenskij bei Starmer in London

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Am Mittwoch glühten die Leitungen: EU, Ukraine und Verbündete stimmten sich mit den USA ab. Trump signalisierte Zufriedenheit. Heute tritt Selenskij Starmer in London.

Zusammenfassung

  • Trump stellt ein mögliches Treffen zwischen Selenskij und Putin in Aussicht und droht Russland mit Konsequenzen, falls Angriffe auf die Ukraine andauern.
  • US-Finanzminister fordert von Europa Unterstützung bei Sanktionen gegen Länder, die russisches Öl kaufen; beim Gipfel in Alaska stehen alle Optionen im Raum.
  • Russland will beim Gipfel mit den USA über bilaterale und territoriale Fragen sprechen, betont aber nationale Interessen und verweist auf die Verfassung.

US-Präsident Donald Trump hat am Mittwoch erneut ein Treffen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij und Kremlchef Wladimir Putin in Aussicht gestellt. Daran wolle er selbst ebenfalls teilnehmen, sofern Selenskij und Putin dies wünschten, sagte Trump am Mittwoch in Washington. Allerdings wolle er zunächst abwarten, wie sein für Freitag geplantes Zusammentreffen mit Putin verlaufe. Das Gipfeltreffen findet auf dem größten US-Militärstützpunkt in Alaska statt.

Trump zufolge gibt es eine gute Chance, dass es ein zweites Treffen mit Putin geben wird. Dies sei allerdings nicht sicher, sagte Trump. Die Gespräche am Nachmittag mit europäischen Staats- und Regierungschefs sowie Selenskij bewertete Trump als "sehr gut". Zugleich drohte Trump Russland erneut mit "sehr schwerwiegenden Konsequenzen", wenn die russischen Angriffe auf die Ukraine nicht enden sollten. Auf eine Rückfrage, ob er damit Zölle meine, ging der Präsident nicht ein. Moskau hatte seine Offensive in den vergangenen Tagen noch einmal intensiviert.

Selenskij in London

Einen Tag vor dem mit Spannung erwarteten Alaska-Gipfel will der britische Premierminister Keir Starmer Selenskij in London empfangen. Das bestätigte die Downing Street auf Anfrage. Am Mittwoch war Selenskij bereits in Berlin, von wo aus er und der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz Videokonferenzen mit anderen Staats- und Regierungschefs geführt hatten.

US-Finanzminister fordert mehr Sanktionen

US-Finanzminister Scott Bessent forderte unterdessen, dass sich Europa Sanktionen gegen Länder anschließt, die russisches Erdöl kaufen. Die USA verhängten bisher einen zusätzlichen Zoll von 25 Prozent auf Importe aus Indien als Strafe dafür, dass das Land russisches Öl bezieht. "Die Europäer müssen bereit sein, diese sekundären Sanktionen mitzutragen", sagte er im Sender Bloomberg TV.

Trump werde Putin bei deren Treffen in Alaska am Freitag sagen, dass "alle Optionen auf dem Tisch liegen", sagte Bessent. "Sanktionen könnten verschärft werden, sie könnten gelockert werden" - und zeitlich beschränkt sein oder unbefristet bleiben. Die Einnahmen aus den Energieexporten sind eine zentrale Einnahmequelle Russlands, das seit Februar 2022 die Ukraine überfiel. Die USA und die EU verhängten in den vergangenen Jahren auch verschiedene andere Sanktionen gegen Russland.

Russland will mit USA auch über bilaterale Fragen sprechen

Russland will beim Gipfel nach Angaben des Außenministeriums in Moskau weiter auf eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen hinarbeiten. Es gehe bei dem Treffen am Freitag um alle Fragen, die sich angestaut hätten – angefangen beim Ukraine-Krieg bis hin zu den Hindernissen für einen normal funktionierenden Dialog zwischen beiden Ländern, sagte der stellvertretende Ministeriumssprecher Alexej Fadejew in Moskau.

Der Gipfel habe höchste Bedeutung für den internationalen Frieden und die Stabilität in der Welt. Zu der unter anderem auch von Trump öffentlich erwähnten Möglichkeit eines Gebietstauschs für eine Beendigung des Krieges in der Ukraine sagte Fadejew, dass territoriale Fragen in der russischen Verfassung geregelt seien. "Damit ist alles gesagt", betonte er am Mittwoch. Spekuliert wird seit Tagen in Medien, ob die Ukraine für einen Verzicht auf Gebiete an der einen Stelle im Gegenzug wiederum anderes von Russland kontrolliertes Territorium zurückerhalten könnte.

Moskau: Russlands nationale Interessen bei Gipfel im Vordergrund

Auch Selenskij verweist auf die Verfassung seines Landes, nach der Gebietsverzichte nicht möglich seien. Dagegen sind Moskaus Annexionen ukrainischer Gebiete und deren Aufnahme in die russische Verfassung international nicht anerkannt. Zudem droht Russland mit der Einnahme weiterer Gebiete, sollte die Ukraine sich nicht auf einen Moskauer Diktatfrieden einlassen.

Russland erhebt Anspruch auf die Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson, die es bisher nicht vollständig kontrolliert. Schon 2014 hatte Russland die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim annektiert. Russland werde sich bei dem Gipfel mit den USA ausschließlich von seinen nationalen Interessen leiten lassen, sagte Fadejew. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert inzwischen seit fast dreieinhalb Jahren an.

Bolton sieht "Propagandasieg" für Putin

Nach Ansicht des früheren Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton wird der Gipfel zwischen Putin und Trump ein "Propagandasieg" für den Kremlchef. "Ein international geächteter Staatschef, der einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, darf sich jetzt neben dem US-Präsidenten ins Rampenlicht stellen", sagte Bolton in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Bild-Zeitung. Statt eines Durchbruchs bei den Bemühungen um eine Waffenruhe in der Ukraine drohe ein "neuer Tiefpunkt".

30.000 Soldaten auf Militärstützpunkt

Die beiden Präsidenten treffen sich auf der Militärbasis Elmendorf-Richardson im Nordosten von Anchorage, hieß es aus dem Weißen Haus. Seit 2010 sind dort die US-Luftwaffenbasis Elmendorf und der Armeestützpunkt Fort Richardson vereint. Insgesamt sind mehr als 30.000 US-Soldatinnen und Soldaten vor Ort stationiert. Der Stützpunkt fungiert als Hauptquartier für das Alaska-Kommando der Streitkräfte in dem US-Bundesstaat. Zudem kontrolliert die Luftwaffe von dort den Luftraum in der Grenzregion zwischen den USA und Russland. Die US-Luftwaffe fängt regelmäßig russische Flugzeuge ab, die sich Alaska nähern, und warnt sie elektronisch oder visuell vor einem Eintritt in den amerikanischen Luftraum.

Die Geschichte des Stützpunktes reicht in den Zweiten Weltkrieg zurück: Nach US-Militärangaben wurde 1940 ein Rollfeld auf dem Gelände errichtet, im selben Jahr wurden erste Luftwaffenangehörige dort stationiert. Nach Informationen der Kongress-Bibliothek in Washington spielte der Stützpunkt später "eine zunehmende Rolle bei der Verteidigung Nordamerikas, als die unsicheren Kriegsbeziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion in den Kalten Krieg übergingen".

Deutschland ist nach den Mittwoch-Gesprächen wieder zuversichtlich

In der deutschen Regierung wird die Telefonschaltung der Europäer mit US-Präsident Donald Trump vor dessen Alaska-Gipfel mit Kremlchef Wladimir Putin am Freitag als Zeichen europäischer Geschlossenheit gewertet. Die US-Seite habe die Europäer in den vergangenen Tagen immer wieder gefragt, was diese von den Verhandlungen im nördlichsten US-Bundesstaat erwarteten, hieß es nach der Schalte in deutschen Regierungskreisen.

Den Europäern sei es im Gespräch mit Trump und dessen Vizepräsidenten JD Vance gelungen, eine gemeinsame, klare und prägnante Antwort darauf zu geben. Man habe mit Trump verabredet, dass dieser die Europäer nach dem Treffen mit Putin umgehend unterrichten werde, hieß es in den Regierungskreisen weiter.

Voraussichtlich werde er erst Selenskij informieren und danach Freitagnacht oder am Samstagvormittag die europäische Kerngruppe, zu der auch Deutschland gehört. Berlin wolle diese europäisch-ukrainische Gruppe eng zusammenhalten, um auf das Ergebnis von Anchorage zügig, einig, klar und entschieden zu reagieren.

Lobende Worte über Auftritt von JD Vance

Positiv äußerte man sich in den deutschen Regierungskreisen über den Auftritt des als Europakritiker geltenden US-Vizepräsidenten Vance bei einem virtuellen Treffen der sogenannten Koalition der Willigen von engen Ukraine-Unterstützern im Anschluss an das Gespräch mit Trump. An dieser Runde hätten etwa 20 Staats- und Regierungschefs teilgenommen, darunter aus Japan, Kanada und Australien. Vance habe hier die US-Position sehr konstruktiv zusammengefasst und erklärt, wie interessiert man an einer ehrlichen Aussage der Europäer über deren Schmerzpunkte und Verhandlungslinien sei - also darüber, dass diese keine Verhandlungen ohne die Europäer oder die Ukraine wollten.

Polen: Russland will über NATO-Truppen verhandeln

Russland will nach den Worten des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk eine Reduzierung von NATO-Truppen zum Thema der Ukraine-Verhandlungen machen. Man höre seit einigen Tagen, dass Moskau Gespräche über die Zukunft der Ukraine mit einer Verringerung der NATO-Präsenz etwa in Polen verknüpfen wolle, sagte Tusk am Mittwoch. Dies sei der Grund, warum ein geschlossenes Auftreten gegenüber Russland, jedoch auch in Bezug auf Verbündete wie die USA so wichtig sei.

Tusk nahm an dem Videogespräch mit US-Präsident Donald Trump nicht teil. Stattdessen war Tusks politischer Rivale zugeschaltet, Präsident Karol Nawrocki. Ein Regierungssprecher sagte, Tusk habe dafür bei zwei anderen Schaltungen Polen repräsentiert. Zwar gelten beide Männer als starke Unterstützer der Ukraine. Der Euroskeptiker und Nationalist Nawrocki zeigt jedoch größere Übereinstimmung mit Trumps Haltungen.

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