Was steckt hinter dem Bodenschatz-Deal zwischen Kiew und Trump?

Was steckt hinter dem Bodenschatz-Deal zwischen Kiew und Trump?
Am Freitag sollen Selenskij und Trump den Seltene-Erden-Pakt unterzeichnen. Ein Knebelvertrag ist das nicht mehr, doch ob Kiew etwas davon hat, ist fraglich. Europa schaut jedenfalls durch die Finger.

Zusammenfassung

  • Selenskij und Trump werden wohl am Freitag einen Rohstoff-Deal unterzeichnen.
  • Die USA sichern sich so Abbaurechte an Seltenen Erden in der Ukraine - ohne Sicherheitsgarantien für Kiew.
  • Der Deal zielt auf strategische Rohstoffsicherung ab, Europa ist dabei außen vor.

Am Ende ging es dann doch schnell. Noch vor einer Woche nannte Donald Trump Wolodimir Selensij einen „Diktator“, weil der seiner Forderung nicht nachgab, die (angeblichen) 500 Milliarden an US-Militärhilfe mit einem Seltene-Erden-Deal zurückzuzahlen. Am Freitag soll der ukrainische Präsident jetzt aber nach Washington reisen, um genau dieses Papier zu unterschreiben.

Was ist da passiert? Und was heißt das jetzt für den Krieg? Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.

Um was geht es in dem Deal?

Schon im Wahlkampf sagte Trump, dass er die Militärhilfen an die Ukraine zurückhaben will – dass sein Vorgänger Joe Biden die Waffen als Hilfsleistung geschickt hat, ist ihm dabei egal. 500 Milliarden Dollar fordert das Weiße Haus (das Vierfache dessen, was tatsächlich geflossen ist), und zwar in Form eines Deals: Die Ukraine hat Rohstoffe und Seltene Erden zu bieten, die vor allem die Tech-Wirtschaft dringend braucht und die sonst vor allem aus China geliefert werden müssten. 

Parallel dazu trafen sich US-Gesandte mit russischen Diplomaten, um über ein Friedensabkommen zu reden - ohne die Ukraine. Das klingt nicht nur nach Erpressung, das war es auch. Die Idee zum Deal hatte allerdings Selenskij selbst: Er hatte Trump ein solches Agreement im Herbst vorgeschlagen, wollte dafür aber Sicherheitsgarantien. Im besten Fall wäre das eine NATO-Mitgliedschaft, die aber auch unter Biden schon unerreichbar war, in schlechteren eine US-Absicherung einer Friedenstruppe in der Ukraine.

Was steht jetzt in dem Vertrag?

Nichts von alledem. Der erste Entwurf, in dem die USA sich praktisch alle Abbaurechte gesichert hätten, wurde zwar durch Kiews Interventionen entschärft, ein richtig guter Deal für Ukraine kam dennoch nicht raus. Geeinigt hat man sich auf einen gemeinsamen Fonds, in den 50 Prozent aller Einnahmen aus dem Abbau Seltener Erden und anderer kritischer Rohstoffe fließen; an diesem Fonds werden die USA beteiligt sein, Kiew hat aber dieselben Entscheidungsrechte wie Washington. 

Einige Punkte des Deals sind positiv für Kiew: Teile der Fonds-Einnahmen sollen wieder in der Ukraine reinvestiert werden, bestehende Infrastruktur - das trifft Öl und Gas - ist auch nicht erfasst, und auch die geforderten 500 Milliarden Dollar Rückzahlung wurden gestrichen, berichtet die ukrainische Ekonomitscheskaja Prawda. Aber: Sicherheitsgarantien in welcher Form auch immer kommen in dem Text nicht vor.

Warum unterschreibt Selenskij dennoch?

Weil er von allen Seiten unter Druck steht. Stellen die USA ihre Hilfen ein, können Kiews Streitkräfte mit europäischer Hilfe noch etwa sechs Monate durchhalten, so die optimistische Schätzung. Danach würden die Russen das Land überrennen, und Putin hätte sein eigentliches Kriegsziel erreicht.

Ein Deal ist für Kiew damit besser als kein Deal, zumal die Ukraine die Rohstoffe selbst nicht abbauen kann: Das Land weiß seit Jahrzehnten um die Bodenschätze, hat aber nicht die Infrastruktur und die Mittel, um sie zu erschließen. Mit einer Kooperation mit den USA kommt zumindest Geld in die klamme Staatskasse; bauen US-Firmen die Rohstoffe ab, hat Washington zudem Interesse, die Unternehmen militärisch zu schützen. Eine Mini-Sicherheitsgarantie also.

Hören mit dem Deal auch die Kämpfe aus?

Das ist die große Frage. Trump hat in den ersten Gesprächen mit den Russen praktisch jede Bedingung Moskaus erfüllt, dafür keinerlei Gegenleistung gefordert. In Kiew wurde das als Teil der Erpressung interpretiert, mit der Trump die Ukraine zu dem Deal zwingen wollte. 

Unterschreibt Selenskij am Freitag, könnte Trump – unberechenbar wie er ist – sich wieder hinter Kiew stellen, so die Hoffnung. Am Dienstag sagte er auf die Frage, was die Ukraine für den Vertrag erhalte: „Militärisches Equipment und das Recht, weiterzukämpfen.“ Spezifiziert hat er dieses „Recht“ aber nicht. 

Umfasst der Deal auch die Rohstoffe in den besetzten Gebieten?

Das ist unklar, weil das in den veröffentlichten Vertragspassagen nicht erwähnt wird. Würde der Deal die annektierten Gebiete miteinschließen, käme das einer Ansage an Moskau gleich: Die USA würden dann praktisch Kiews Anspruch auf Rückeroberung unterstützen.

Warum wollen die USA die Rohstoffe unbedingt?

Die Ukraine besitzt 20 von 30 jener „kritischen Rohstoffe“, die für grüne Energie, Batterieherstellung und auch High-Tech-Militärausrüstung benötigt werden. Diese Bodenschätze werden in Zukunft massiv an Bedeutung gewinnen. Russlands Invasion war laut Experten darum auch ein Krieg um Rohstoffe - ein Gutteil der wertvollen Bodenschätze liegt in den mittlerweile von Russland annektierten Gebieten. 

Derzeit ist China der größte Lieferant dieser Ressourcen, dort lagern etwa 75 Prozent der weltweiten Bestände. Den Export in die USA hat Peking aber zuletzt drastisch gedrosselt – das ist Teil des Handelskriegs zwischen Trump und China.

Was sagen die Russen dazu?

Wladimir Putin versucht seit vergangener Woche, Teil dieses Deals zu werden – er hat Trump angeboten, Moskau und Washington könnten die Bodenschätze in der Ukraine gemeinsam ausbeuten und sich den Gewinn teilen. Kiew ließ er da – wenig überraschend – außen vor. 

Am Dienstag legte der Kreml nochmals nach und bot den USA die eigenen Seltenen Erden an. Russland verfügt über bedeutende Ressourcen, ist der fünftgrößter globaler Produzent.

Wo üben die Amerikaner noch Druck aus?

Über Trumps „First Buddy“ Elon Musk, dessen Satelliten-Kommunikationssystem Starlink den Ukrainern massiv in der Kriegsführung hilft. Er richtete Kiew aus, er werde das System abdrehen, wenn Selenskij nicht unterschreibt – das mag auch bei der Konsensfindung geholfen haben.

Wo bleiben die Europäer bei all dem?

Komplett abgehängt. Nur wenige Monate vor Kriegsbeginn war die EU eine wirtschaftliche Kooperation mit der Ukraine eingegangen, um die kritischen Rohstoffe dort auszubeuten. Kurz danach wurde mit der Versteigerung der Abbaulizenzen begonnen, das wurde aber auf Eis gelegt.

In der aktuellen Situation sind die Europäer also Zuseher: Der zuständige EU-Kommissar, Stéphane Séjourné, war erst kürzlich in Kiew, um die damals geschlossene Kooperation zu bekräftigen. Einen eigenen Deal hat man aber nicht angeboten, sagte er entgegen anderslautender Gerüchte: „Es geht um die Zusammenarbeit mit der Ukraine und nicht um irgendeine Art von Wettbewerb mit den Vereinigten Staaten.“

Kommentare