Wie Trump Putin jetzt zu seinem größten Coup verhelfen könnte

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Trump lädt Putin am Freitag nach Alaska ein. Akzeptiert er dort die Bedingungen Russlands verschafft der US-Präsident dem Kremlchef den Sieg, den der militärisch verfehlt hat.

Ausgerechnet Alaska. Mit Katar, Saudi-Arabien, vielleicht der Türkei hatten Beobachter gerechnet. Aber nicht mit den USA: Am Freitag, ließ Donald Trump wissen, werde Wladimir Putin ihn auf amerikanischem Boden treffen. Und zwar in jenem US-Bundesstaat, der Russland mehrfach am nächsten ist.

Trump mag wissen, dass Alaska vor 160 Jahren von Zar Alexander II. an die USA verkauft wurde; das russische Reich war damals in Finanznöten. Ob er auch weiß, dass Putins Propagandisten seit Jahren die Rückgabe der bodenschatzreichen Region fordern, ist nicht bekannt. Sie trommeln immer wieder, dass sich Russland Alaska wieder unter den Nagel reißen sollte – man habe historische Ansprüche. Wie in der Ukraine.

„Es liegt an ihm“

Ort und Symbolik des Gipfels passen also bestens in Putins Drehbuch. Bisher hat der Kremlchef es überraschend oft geschafft, den US-Präsidenten für seine Sache zu gewinnen – so auch jetzt: Von den 100-Prozent-Zöllen für Russlands Unterstützer China und Indien, mit denen Trump vor Kurzem noch gedroht hat, wenn es zu keinem Waffenstillstand komme, ist einen Tag nach Ende der Frist keine Rede mehr. „Es liegt an ihm“, sagte Trump am Freitag über Putin. „Wir werden sehen, was er in Alaska zu sagen hat.“

Trump verschafft dem Kremlchef damit die Show, die der immer wollte. Seit 2022 beklagt er seine weltweite Ächtung, die Inszenierung eines Zweiergipfels ohne die zweite Kriegspartei – die Ukraine – verleiht ihm jene Strahlkraft, die er immer zurückwollte. Geht der US-Präsident auch in Alaska auf seine Bedingungen ein, könnte der Gipfel zu Putins bisher größtem Erfolg werden. Die bereits durchgesickerten Bedingungen für ein Einfrieren des Konflikts – von Frieden ist da noch gar nicht die Rede – würden Putin jenen Sieg verschaffen, den ihm seine Soldaten auf dem Schlachtfeld bisher versagt haben.

Ein schlechter Tausch

Trumps Emissär Steve Witkoff, der Putin am Mittwoch im Kreml besucht hatte, soll die Idee eines „Gebietstauschs“ mit in die USA genommen haben. Das ist aber nur eine Beschönigung für eine Neuaufteilung der Ukraine zugunsten Russlands: Der Kreml beansprucht nach wie vor die fünf ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja, Cherson sowie die 2014 annektierte Krim. Kiew müsste dafür viel eigenes Land abgeben – große Teile davon, vor allem die Großstädte Cherson und Saporischschja – sind nämlich noch oder wieder in ukrainischer Hand.

Eine Karte der Ukraine mit von Russland eroberten und besetzten Gebieten.

Welche Gebiete Moskau dafür hergeben könnte, ist hingegen mehr als unklar. Putins Truppen könnten sich theoretisch nur aus dem Oblast Charkiw zurückziehen, doch das Gebiet ist viel kleiner als jene Regionen, die der Kreml beansprucht. Vermutet wird darum, dass Witkoff den „Gebietstausch“ möglicherweise mit einer „Gebietsabtretung“ verwechselt haben könnte: Der diplomatisch unerfahrene Immobilienmanager, der Putin ausschließlich im Beisein eines von Russland gestellten Übersetzers traf, soll Putins Worte vertauscht haben, wird in Kiew erzählt. Denkbar scheint das: Witkoff hatte zuvor schon in Interviews die ukrainischen Regionen miteinander verwechselt.

Ob Missverständnis oder nicht: Für die Ukraine sieht es ohnehin nach einem schlechten Deal aus; allein schon deshalb, weil sie null Mitsprache hat. Von Präsident Selenskij kam deshalb auch gleich ein kategorisches Nein zu allen Gebietsdeals. Erschwerend kommt für ihn hinzu, dass er über territoriale Zugeständnisse nicht allein entscheiden kann, die Verfassung schreibt dafür ein Referendum vor. Wie das in den besetzten Gebieten ohne Einflussnahme der Russen durchgeführt werden könnte, ist aber mehr als fraglich.

Keine Sicherheiten

Putin, so sehen es Experten, will Selenskij via Trump unter Zugzwang setzen, denn die ukrainische Bevölkerung wehrt sich seit jeher massiv gegen Gebietsabtretungen. Mittlerweile steigt der Anteil jener, die aus Kriegsmüdigkeit bereit wären, aber stetig.

Am problematischsten für Selenskij ist jedoch, dass seine Kernforderung – Sicherheitsgarantien oder Schutz durch eine NATO-Mitgliedschaft – in den Gesprächen nicht mal mehr erwähnt wird. Fehlen diese roten Linien für Putin, würde ein Friedensdeal sofort wieder brüchig, sagen Beobachter: „Trump will unbedingt einen ,Deal’, Putin will ein anderes Europa“, schreibt der deutsche Sicherheitsexperte Nico Lange. Sein britischer Kollege Sam Greene vom King’s College stimmt dem zu: „Die Symbolik des Trump-Putin-Gipfels in Alaska ist erschreckend – als wolle man zeigen, dass Grenzen veränderbar sind und Land gekauft und verkauft werden kann.“

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