EU-Truppen für die Ukraine? Ohne USA gibt es keine Garantien
Die deutsche Bundeswehr bildet bereits ukrainische Soldaten aus – ob sie an einem Einsatz in der Ukraine teilnimmt, ist offen.
„Seit Wochen sprechen wir in Europa zusammen mit der amerikanischen Regierung über mögliche Sicherheitsgarantien, die der Ukraine gegeben werden könnten für den Fall eines Waffenstillstands“, sagte der deutsche Kanzler Friedrich Merz (CDU) am Mittwoch im deutschen Bundestag. Allerdings ohne Details darüber zu nennen, wie der deutsche Beitrag zu einer „multinationalen Truppe“ aus europäischen Staaten aussehen soll.
Stolpersteine
Zu dieser Truppe bekannte sich am Montag die europäische „Koalition der Willigen“. Diese soll „bei der Regeneration der Streitkräfte der Ukraine, der Sicherung des Luftraums der Ukraine und der Gewährleistung sicherer Meere“ helfen. Auch durch Operationen innerhalb der Ukraine. Logistisch soll der Einsatz durch die USA unterstützt werden. Mehr ist allerdings noch nicht bekannt – und es wäre nicht der erste Vorschlag dieser Art, den diese Koalition macht.
Ein großer Stolperstein: Moskau weist das Konzept grundsätzlich zurück – und hält sich zugleich eine Hintertür offen. Der Kreml betont, Russlands Ablehnung europäischer Truppen in der Ukraine sei „bekannt“, erklärte das Thema aber zuletzt für „diskutabel“. Wie ernst es dem Kreml ist, kann derzeit noch nicht beurteilt werden.
Sicherheitsgarantien
Fakt ist jedoch: Die Ukraine braucht robuste Sicherheitsgarantien, will sie einem Frieden zustimmen. Mit falschen Sicherheitsgarantien kennt sich Kiew aus: Das 1994 abgeschlossene Budapester Memorandum – die Ukraine gibt ihre Atomwaffen ab, Russland verpflichtet sich, die territoriale Integrität der Ukraine zu achten – erwies sich als wirkungslos. Dasselbe gilt für die Vereinbarungen Minsk I und Minsk II. Und es ist fraglich, wie ein jetziges Abkommen, das einen dauerhaften Frieden garantieren könnte, gelingen soll.
Gesetzt den Fall, es gelingt, bleibt die Frage, welcher Staat wie viele Soldaten stellen kann. Als zuletzt im August die Rede von europäischen Truppen war, waren lediglich Großbritannien und Frankreich bereit, etwa 25.000 Soldaten aufzubieten. Für Deutschland war die Aufgabe, eine Panzerbrigade in Litauen zu stationieren, eine extrem aufwendige und schwierige, die sich über Jahre zog. Derzeit sind 500 Bundeswehrsoldaten vor Ort, erst bis Mitte des Jahres soll die Brigade auf 2.000 aufwachsen, 5.000 sind das Ziel.
Freilich bindet Litauen nicht die gesamte Bundeswehr, doch neben Soldaten ist in einer solchen Mission noch anderes notwendig: etwa schweres Gerät wie Panzer, Flugabwehrsysteme, Kampfflugzeuge und ein massiver logistischer Aufwand.
Luftraum und Meer
Selbst wenn die USA einen Teil der logistischen Unterstützung – und allem voran – die Bereitstellung von Aufklärungsdaten übernehmen, ist äußerst fraglich, wie es mit den derzeitigen Mitteln gelingen soll, Luftraum und Meer zu sichern. Und nach wie vor ist der Krieg in der Ukraine vor allem ein Landkrieg. Wie sollen die Truppenstellerstaaten reagieren, sollte sich der Kreml einmal mehr dazu entscheiden, weiteres Ukrainisches Gebiet in Besitz zu nehmen? Mit 25.000 Soldaten ließe sich ein Waffenstillstand an der mehr als 800 Kilometer langen Waffenstillstandslinie nicht überwachen, wie viele Truppen die Regierungen Italiens, Polens, Finnlands, Norwegens, Schwedens und der Niederlande entbehren können, ist noch nicht klar.
Zusätzlich würde die Ukraine Unterstützung bei ihrer Rüstungsindustrie benötigen, um ihre Streitkräfte nicht nur zu reorganisieren, sondern auch neu auszurüsten. Das Gros neuer Waffen dürfte wohl aus den USA kommen – bezahlt von europäischen Staaten. Auch das birgt noch keine „robusten Sicherheitsgarantien“. Diese können im Endeffekt nur die USA leisten.
Ob das Weiße Haus tatsächlich dazu bereit ist, auf dieser Form der Sicherheitsgarantien zu bestehen, ist noch völlig unklar. Zu oft lavierte US-Präsident Donald Trump zwischen der europäisch-ukrainischen Position und jener Russlands herum. Die angebliche Bereitschaft Moskaus, zumindest darüber zu diskutieren, könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Verhandlungen an Fahrt aufnehmen. Ob und wann aus den europäischen Plänen Realität werden kann, hängt eben in erster Linie nicht von den Europäern ab.
Kommentare