Neben Kämpfen mit Separatisten droht Kiew nun auch Gas-Krieg mit Moskau

Für viele Ukrainer ist nach dem Abschuss eines Militärjets durch pro-russische Separatisten am Samstag das Fass voll. Hunderte demonstrierten vor Russlands Botschaft in Kiew.
Erneut Vorwürfe, Russland schüre im Osten Chaos. Gesprächsabbruch und Gas-Lieferstopp drohen.

Der Sonntag war für die Ukraine ein Tag der Trauer. Landesweit gedachten Menschen der 49 Opfer des Flugzeug-Abschusses durch pro-russische Separatisten in der Nacht auf Samstag. Fahnen wehten auf Halbmast, einige TV-Sender verzichteten auf Unterhaltungsshows.

In die Trauer und das Mitgefühl mit den Angehörigen mischte sich auch Zorn – auf Russland, dem sowohl die ukrainische Regierung als auch viele Menschen massive militärische Unterstützung der Rebellen in den abtrünnigen Regionen Donezk und Lugansk vorwerfen.

Der Dialog zwischen Kiew und Moskau war bereits vor dem Raketenangriff auf die Iljuschin Il-76 und deren Passagiere – 40 Soldaten und neun Crew-Mitglieder – schwierig. Nun droht er komplett zu enden.

Waffenlieferungen

Außenminister Deschtschiza warnte gestern vor einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen, falls Russland weiter zur Verschärfung der Lage in der Ostukraine beitrage. Präsident Poroschenko rief den Westen zu neuen Sanktionen gegen Moskau auf. Dieses leugnet, den Rebellen zu helfen. USA und NATO haben aber nach eigenen Angaben Beweise, dass der Kreml Panzer und anderes schweres Kriegsgerät in die Ostukraine hat liefern lassen.

Ein Abbruch aller Gespräche mit Russland hätte für die Ukraine nicht absehbare Folgen. Zum einen braucht Poroschenko seinen russischen Kollegen Putin, um den von ihm angestrebten Friedensplan für die Ostukraine umzusetzen. Zum anderen droht ein Stopp der Gaslieferungen durch Russland. Heute, Montag, acht Uhr früh, endet ein Ultimatum Moskaus für die Zahlung von umgerechnet 1,44 Milliarden Dollar für bereits geliefertes Gas. Sollte Kiew dieses verstreichen lassen, könnte Moskau den Gashahn zudrehen. Das hätte womöglich auch Engpässe in Westeuropa zur Folge, da die Ukraine sich als wichtigstes Transitland für russisches Gas weigert, Transitgas und Eigenbedarf zu trennen. Allerdings sind die Speicher im Westen gut gefüllt. Konfliktstoff bietet auch der Gaspreis. Kiew will für 1000 Kubikmeter lediglich 268 Dollar zahlen. Russland erwartet aber nach bereits erfolgter Preisreduktion mindestens 385 Dollar.

Hoffnungsschimmer

in Krisengespräch unter Beisein von EU-Energiekommissar Oettinger war Samstagabend ergebnislos beendet worden, Sonntagabend wurden sie wieder aufgenommen. Russland zeigte sich zwar zu Kompromissen bereit, wollte sich aber nicht drängen lassen.

Im Fall eines erneuten Scheiterns der Verhandlungen gibt es aber Hoffnung: Moskau hat gesetzte Fristen schon öfter tatenlos verstreichen lassen.

Lange Sandstrände, sauberes Wasser, strahlender Sonnenschein: Die Krim hat eine lange Tradition als Urlaubsdestination. Damit könnte es bald vorbei sein – denn die Touristen fehlen heuer fast völlig. Bisher waren rund drei Viertel der Gäste auf der Halbinsel im Schwarzen Meer, die hauptsächlich vom Tourismus lebt, Ukrainer. Doch diese bleiben aus, seit Russland die völkerrechtlich zu Kiew gehörende Krim nach einem umstrittenen Referendum Mitte März annektiert hat.

"Empfehlung"

Für Russen ist es relativ mühsam, die Krim zu erreichen. Es gibt noch zu wenige Flüge und Fähren. Um einen Kollaps der Tourismusbranche zu verhindern, hat der russische Präsident Putin nun allen Staatsbediensteten "empfohlen", ihren Sommerurlaub auf der Krim zu verbringen. Laut dem deutschen Magazin Focus leitete die russische Tourismusbehörde ein entsprechendes eMail an Staatsbetriebe weiter.

Zahlen sollen die Sommerfrische staatsnahe Unternehmen und Gewerkschaften. Auch die Region Moskau hat Focus zufolge vier Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die krisengeschüttelte Teilrepublik Tschetschenien zahlt drei Millionen. Die Staatskonzerne Gazprom und Rosneft stellen je eine halbe Million.

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