"Eingekesseltes" Donezk sei "neues Stalingrad"

Vor den Kämpfen lebten in Donezk eine Million Menschen, inzwischen sind viele geflohen.
Stadt weiter unter Beschuss. Die Armee lehnt Forderung nach Feuerpause ab.

Die ostukrainische Stadt Donezk ist den örtlichen Separatisten zufolge komplett von den Regierungstruppen belagert. Donezk sei "eingekesselt" und drohe, ein neues "Stalingrad" zu werden, erklärte der Regierungschef der selbsterklärten Volksrepublik Donezk, Alexander Sacharschenko, am Samstag. Er warnte vor einer humanitären Katastrophe in der Millionenstadt und forderte einen Waffenstillstand.

Ukrainische Regierungstruppen haben die östliche Rebellenhochburg am Sonntagmorgen erneut unter heftigen Artilleriebeschuss genommen. Eine AFP-Reporterin hörte vom Stadtzentrum aus mehr als 20 Explosionen. Nach Angaben des Bürgermeisteramtes wurde ein Privathaus von einem Geschoss zerstört, auch ein Krankenhaus wurde demnach schwer beschädigt. In der Nähe sei eine Frau verletzt worden.

"Der Kampf wird um jedes Straße, um jedes Haus, um jeden Meter unseres Lands geführt"

"Wir sind zu einem Waffenstillstand bereit, um die zunehmende humanitäre Katastrophe abzuwenden", erklärte Feldkommandant Alexander Sachartschenko von der nationalistischen Bewegung Oplot (Bollwerk) auf der Rebellen-Webseite. Zugleich betonte er, dass die Aufständischen bereit seien, die Stadt unter Einsatz ihres Lebens zu verteidigen, wenn die ukrainische Armee dort einmarschiere. "Der Kampf wird um jedes Straße, um jedes Haus, um jeden Meter unseres Lands geführt", warnte Sachartschenko, der erst seit Donnerstag die Separatisten von Donezk anführt.

Keine Waffenruhe

Die Regierungstruppen sind nach eigenen Angaben bereit, in die Industriestadt einzumarschieren und lehnen eine Feuerpause ab. Die erklärte Bereitschaft der Separatisten zu einer Waffenruhe sei lediglich eine "Aussage ohne Taten", teilte der nationale Sicherheitsrat in Kiew am Sonntag mit.

Vor den Kämpfen lebte eine Million Menschen in Donezk, inzwischen sind viele geflohen. Während der vergangenen Tage hatte die Armee die Stadt zunehmend unter Beschuss genommen. Die Armee versucht auch, andere Rebellenhochburgen, darunter die Großstadt Lugansk, zurückzuerorbern.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko ist aber nach eigenen Angaben bereit, einen Hilfskonvoi nach Luhansk (Lugansk) zu lassen. Bedingung dafür sei jedoch, dass die Mission von einem internationalen Team ohne militärische Begleitung geführt werde, sagte Poroschenko nach Angaben seines Büros in einem Telefonat mit Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel am Samstag. Der ukrainische Präsident sagte demnach, er sei deswegen bereits im Gespräch mit dem Präsidenten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Peter Maurer.

Das IKRK bestätigte, dass aus Russland eine Anfrage für die Organisation humanitärer Konvois eingegangen sei. Es habe diese aber nicht beantwortet.

Hilfskonvoi als Tarnung?

Die Führung in Kiew hatte zuvor berichtet, eine als Hilfskonvoi getarnte russische Militärkolonne an der Grenze gestoppt zu haben. Es bestehe "Grund zur Annahme, dass der Konvoi dazu hätte genutzt werden können, die Spannungen weiter zu verschärfen". Moskau wies die Vorwürfe zurück.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow forderte die USA in einem Telefonat mit US-Außenminister John Kerry auf, das russische Projekt einer "humanitären Mission in Koordinierung mit allen zuständigen internationalen Organisationen" zu unterstützen. Kerry sagte, Russland dürfe nicht "unter dem Deckmantel eines humanitären Konvois oder eines anderen Vorwands der 'Friedenssicherung'" in die Ostukraine einmarschieren.

Nach Telefonaten mit dem britischen Premierminister David Cameron und Merkel machte auch US-Präsident Barack Obama deutlich, dass "alle russischen Interventionen, auch unter dem Vorwand der humanitären Hilfe, ohne ausdrückliche und formale Zustimmung Kiews nicht hinnehmbar" seien.

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