Russland bereitet sich auf Front-Durchbrüche vor

Russland bereitet sich auf Front-Durchbrüche vor
Russland verstärkt laut britischen Informationen seine Frontlinien in den besetzten Gebieten.

Die russischen Besatzungstruppen in der Ukraine bereiten sich nach Einschätzung britischer Militärexperten auf Durchbrüche der Ukrainer entlang der Front vor. Dafür seien unter anderem rund um die besetzte südukrainische Hafenstadt Mariupol Verteidigungsanlagen errichtet worden, hieß es in dem täglichen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg des Verteidigungsministeriums in London am Dienstag.

"Russland verstärkt seine Linien in allen besetzten Gebieten", so die Mitteilung. Nach Ansicht der Briten soll damit wahrscheinlich raschen ukrainischen Vorstößen im Falle von Front-Durchbrüchen vorgebeugt werden. Mariupol komme als Teil einer Landbrücke zur besetzten Schwarzmeer-Halbinsel Krim besondere strategische Bedeutung zu.

Nordkorea hat den Vorwurf der USA zurückgewiesen, es habe heimlich Artilleriemunition an Russland für den Krieg gegen die Ukraine geschickt. Es handle sich um "haltlose" Gerüchte, welche die USA verbreiteten, um den internationalen Ruf Nordkoreas zu beschädigen, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur KCNA am Dienstag einen Vize-Abteilungsleiter im nordkoreanischen Verteidigungsministerium.

Nordkorea betreibe keine Rüstungsgeschäfte mit Russland und habe auch "nicht die Absicht, dies in der Zukunft zu tun", hieß es in dessen Erklärung. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, hatte am Mittwoch vergangener Woche gesagt, Nordkorea habe eine "bedeutende" Menge Munition an Russland verschickt und versuche den Eindruck zu wecken, die Lieferungen seien für den Nahen Osten oder Nordafrika bestimmt. Laut Kirby war aber unklar, ob die Munition in Russland ankam: "Wir werden weiterhin überwachen, ob die Lieferungen empfangen werden", sagte er.

Infolge der internationalen Sanktionen leide Russland unter einem Mangel an Armeeausrüstung und müsse sich deshalb an Staaten wie Nordkorea und den Iran wenden, um seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine fortsetzen zu können, fügte Kirby hinzu.

Schlacht um Cherson

Im Ukraine-Krieg rückt zunehmend die russisch besetzte Stadt Cherson in den Fokus. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak warf den russischen Truppen am Montag vor, Stadtbewohner zunächst gezwungen zu haben, ihre Wohnungen und Häuser zu verlassen. Und jetzt würden sie diese plündern: "Raub an denen, die sie 'beschützen' wollten - die beste Illustration der 'russischen Welt'."

Das ukrainische Militär erklärte zudem, russische Soldaten würden als Zivilisten verkleidet Wohnhäuser besetzen, um sich besser für Straßenkämpfe in Stellung zu bringen. Russische Journalisten wiederum würden die Inszenierung von Videos vorbereiten, mit denen fälschlicherweise belegt werden soll, dass die ukrainische Soldaten Zivilisten Schaden zufügen.

Russland äußerte sich zu den Vorwürfen zunächst nicht. In Cherson würden die ukrainischen Streitkräfte ihre Truppen konzentrieren, sagte zuvor der von Russland eingesetzte Vize-Verwaltungschef Kirill Stremoussow. Die Evakuierung der Region gehe weiter. Vor allem Menschen, die nicht selbst gehen könnten, sollten in Sicherheit gebracht werden. Teils gebe es Stromausfälle. An der Front sei die Lage unverändert, sagte Stremoussow. Die Ukraine hatte immer wieder angekündigt, Stadt und Gebiet Cherson zu befreien.

Cherson liegt im Süden der Ukraine. Es ist die einzige Regionalhauptstadt, die Russland seit Beginn seiner Invasion am 24. Februar erobern konnte. Vor dem Krieg lebten dort etwa 300.000 Menschen. In den vergangenen Tagen ordnete Russland Evakuierungen an, angeblich um die Zivilbevölkerung vor einer bevorstehenden Offensive der Ukraine zur Rückeroberung der Stadt in Sicherheit zu bringen.

In den vergangenen 48 Stunden lag die Stadt nach Angaben beider Kriegsparteien im Dunkeln, nachdem die Strom- und Wasserversorgung für die umliegende Gegend gekappt worden sei. Die von Russland eingesetzte Verwaltung beschuldigte die Ukraine der Sabotage. Ukrainische Behördenvertreter warfen dagegen Russland vor, Stromkabel demontiert zu haben. Elektrizität werde es vermutlich erst wieder geben, wenn das Gebiet wieder unter Kontrolle der Ukraine stehe.

Die Rückeroberung Chersons ist eines der Hauptziele der ukrainischen Gegenoffensive, die im Oktober begann. In den vergangenen Tagen war von ukrainischer Seite zu hören, dass mit einer erbitterten Schlacht zu rechnen sei. Russland hat Tausende Soldaten zur Verstärkung nach Cherson geschickt. In den vergangenen Tagen gab es aber auch Andeutungen, dass sich die russischen Truppen zurückziehen könnten.

Selenskij lobt Hilfsbereitschaft

Angesichts der heftigen russischen Angriffe auf sein Land hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij die internationale Hilfsbereitschaft gelobt. „Die aktuelle Eskalation des russischen Raketen- und Drohnenterrors hat nur dazu geführt, dass die Welt (...) mit neuer Hilfe für die Ukraine antwortet“, sagte Selenskij in seiner Videoansprache in der Nacht zum Dienstag.

Selenskij berichtete zudem von Erfolgen beim Zurückdrängen russischer Truppen in den besetzten Gebieten im Süden und im Osten der Ukraine. Insbesondere in der Region Donezk sterben seinen Aussagen zufolge täglich Hunderte Russen. Das Verteidigungsministerium in Moskau wiederum bestreitet solch hohe Verluste in den eigenen Reihen. Die Angaben beider Seiten lassen sich kaum unabhängig überprüfen.

Ukraine erhält weitere westliche Flugabwehrsysteme

Kurz zuvor hatte Verteidigungsminister Olexij Resnikow mitgeteilt, dass die Ukraine zum besseren Schutz gegen russische Raketen und Drohnen weitere Flugabwehrsysteme aus dem Westen erhalten habe. „Schaut, wer hier ist!“, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter zu Bildern, die bodengestützte Luftverteidigungssysteme des Typs Nasams und Aspide aus US-amerikanischer und italienischer Produktion zeigen sollten. „Wir werden damit weiterhin gegnerische Ziele abschießen, die uns angreifen“, versprach Resnikow. Der Minister dankte Norwegen, Spanien und den USA für die Lieferung.

Zuletzt hatten russische Raketen- und Drohnenangriffe erhebliche Teile der ukrainischen Strom- und Wasserinfrastruktur zerstört. Mehrere Millionen Ukrainer haben seitdem jeden Tag nur stundenweise Strom. Deutschland lieferte vor diesem Hintergrund bereits im Oktober das Luftabwehrsystem Iris-T.

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