Türkischer Ärger über eine US-Waffenlieferung
Während zwischen den USA und Russland in Sachen Syrien manches ansatzweise in Bewegung zu kommen scheint (zumindest wird wieder miteinander geredet), herrscht innerhalb der US-geführten Allianz gegen den "Islamischen Staat" (IS) totale Eiszeit. Der Grund: eine US-Waffenlieferung an eine gegen den IS gerichtete Allianz in Nordsyrien.
50 Tonnen Waffen und Munition hatten die USA abgeworfen. Bestimmt waren sie offiziell für arabische und turkmenische Gruppen, die in der Region anscheinend eine Offensive gegen den IS vorbereiten. Diese Gruppen befinden sich aber in Allianz mit kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) – und die stehen wiederum der kurdischen Arbeiterpartei PKK nahe, die ihrerseits in der Türkei als Terrorgruppe und Staatsfeind gilt.
Aufteilung unter allen Gruppen
In Washington war man ausdrücklich bemüht zu versichern, dass man keine Waffen direkt an die YPG schicke (aus Rücksicht gegenüber dem Anti-IS-Allianz- und NATO-Partner Türkei). Dann aber gab ein Kommandant der Allianz in Syrien (geschätzte sage und schreibe 20.000 Mann) gegenüber Voice of America bereitwillig Auskunft, dass man die US-Lieferung unter allen Gruppen aufteilen werde – also auch mit den YPG.
Die Türkei reagierte verschnupft. Noch vor diesem Statement hatte der türkische Premier Ahmet Davutoglu den amerikanischen Versorgungsabwurf als potenzielle Gefahr für die Sicherheit der Türkei bezeichnet, sollten die Waffen in die Hände der YPG geraten.
Die Ironie an der Sache aber ist: Den USA fehlt es in Syrien an vertrauenswürdigen Kämpfern am Boden, die die Luftschläge der Allianz auch in Bodengewinne gegen den IS umwandeln können. Arabische Einheiten, die trainiert und ausgerüstet wurden, waren entweder aufgerieben worden oder versprengten sich sehr rasch in den Rängen anderer Rebellengruppen. US-Militärs betrachten angesichts dessen daher gerade die YPG als vertrauenswürdigste aber vor allem schlagkräftigste und disziplinierteste Gruppe in Syrien.
Dabei verfolgen die YPG eine eigene Agenda – denn auf den von ihnen Kontrollierten Gebieten bauen sie sukzessive Institutionen auf und versuchen sich aus den Wirren des Bürgerkriegs weitestgehend herauszuhalten. So pflegt man etwa Allianzen mit der Freien Syrischen Armee (FSA) und anderen Rebellengruppen, die den Sturz von Präsident Assad zum Ziel haben, um den IS zu bekämpfen – aber zugleich auch mit der syrischen Armee.
Dieses Model scheint Russland zu gefallen. Am Samstag sagte Außenminister Sergej Lawrow, man sei bereit, die FSA mit Luftangriffen im Kampf gegen den IS zu unterstützen. Damit ist offensichtlich die arabisch-kurdisch-turkmenische Allianz gemeint. Und auch Assad hatte zuletzt Rebellen zum Schulterschluss gegen den IS aufgerufen. Zugleich forderte Lawrow Wahlen für Syrien.
All das, während in Westsyrien die Russland-unterstützte Offensive der Armee stockt. Rebelleneinheiten sollen viel eher an Gebiet gewonnen haben – mit neuen Waffen aus Saudi-Arabien. Und dem IS gelang es am Samstag, die einzige Nachschubroute der syrischen Armee in den umkämpften Großraum Aleppo zumindest vorübergehend einzunehmen.
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