Türkischer Präsident Erdoğan nennt Hamas "Befreiungsorganisation"

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In der Türkei wird die Hamas nicht als Terror-Organisation gesehen. Erdoğan fordert eine Feuerpause von beiden Seiten.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat die radikal-islamische Hamas im Gazastreifen als eine Befreiungsorganisation bezeichnet. "Die Hamas ist keine terroristische Organisation. Die Hamas ist eine Befreiungsgruppe, die kämpft, um ihr Land und ihr Volk zu schützen", sagte Erdoğan am Mittwoch in einer Rede vor Abgeordneten seiner konservativ-islamischen AK-Partei.

Die Türkei hat die Hamas, im Gegensatz zur EU und den USA, nicht als Terrororganisation eingestuft.

Die Türkei unterstützt die palästinensische Bevölkerung unter anderem mit Hilfslieferungen, sie befürwortet eine Zwei-Staaten-Lösung und gewährt Hamas-Mitgliedern Unterschlupf. Die Regierung in Ankara hat sich auch als Vermittlerin angeboten. Erdogans Bezeichnung der Hamas als Befreiungsorganisation stieß umgehend auf Kritik. Italiens Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini von der weit rechts stehenden Lega nannte sie "abscheulich". Er werde Außenminister Antonio Tajani vorschlagen, den türkischen Botschafter einzubestellen.

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Erdoğan fordert Feuerpause

Erdoğan forderte in seiner Rede außerdem eine umgehende Feuerpause zwischen der Hamas und dem israelischen Militär. Die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen müssten sofort beendet werden, ebenso die Angriffe auf israelisches Gebiet. Die israelischen Angriffe und die Unterstützung dafür kämen einem "Mord" und einer "Geisteskrankheit" gleich. Die "für Israel vergossenen Tränen des Westens seien eine Manifestation von Betrug".

Der türkische Präsident rief die islamischen Staaten auf, gemeinsam zu handeln und auf einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten hinzuwirken. Die Weltmächte forderte er auf, Druck auf Israel auszuüben, damit es seine Angriffe auf den Gazastreifen beende. Dort müsse der Grenzübergang zu Ägypten geöffnet bleiben, damit Hilfslieferungen zu den Menschen im Gazastreifen gelangen und Gefangene ausgetauscht werden könnten, forderte Erdogan.

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Israel habe die guten Absichten der Türkei ausgenutzt, sagte der Präsident weiter. Er werde daher nicht wie geplant nach Israel reisen. "Wir haben kein Problem mit dem israelischen Staat. Aber wir haben Probleme mit Israels Politik gegenüber den Palästinensern." So müsse Israel seinen "Siedlungsterror" in Ramallah im Westjordanland und anderswo beenden. Solche jüdischen Siedlungen auf besetztem Gebiet im Westjordanland werden seit langem gebaut, sind international aber nicht anerkannt. Die Vereinten Nationen haben per Resolution die sofortige und vollständige Einstellung des Siedlungsbaus gefordert.

Erdoğan bedauerte es, dass es der UNO nicht gelungen sei, sich auf eine Resolution zur Bombardierung des Gazastreifens durch Israel und auf eine Forderung nach einer humanitären Feuerpause zu einigen. Er forderte eine Reform des UNO-Sicherheitsrates, um ihn integrativer zu machen. Derzeit besteht dieses Gremium aus fünf ständigen und zehn nicht ständigen Mitgliedern. Die fünf ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich haben jeweils ein Vetorecht, weswegen häufig Resolutionen scheitern.

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